Vitamin D hat wissenschaftlich nachgewiesen vielfältige Gesundheitswirkungen, u.a. auf unser Immunsystem, Knochen und Muskeln, auf Krebserkrankungen, Allergien, Diabetes mellitus sowie unser Herz-Kreislauf-System. Dr. L.M. Jacob und die Dr. Jacobs Weg Redaktion haben zu den verschiedenen Themen bereits einige Artikel veröffentlicht:
- Die Rolle von Vitamin D bei der Erkältungswelle und bei COVID-19
- Vitamin D fördert zusammen mit Vitamin K2 die Knochengesundheit
- Kann Vitamin D vor COVID-19, Krebs und anderen Erkrankungen schützen? Eine rationale Entscheidungshilfe
- Die Rolle von Vitamin D bei Brustkrebs
- Die Rolle von Vitamin D bei Heuschnupfen, Asthma und Neurodermitis
- Vitamin D: Die richtige Dosierung ohne Nebenwirkungen
Jedoch wird Vitamin D in allen Altersstufen nicht nur für gesunde physische, sondern auch für geistige Funktionen benötigt. Mehr als 50 Millionen Menschen leben weltweit derzeit mit einer Demenz – bis zum Jahr 2025 wird sich die Anzahl der Betroffenen wahrscheinlich sogar noch verdreifachen (Gauthier et al., 2021). Angesichts dieser großen Zahl Betroffener ist der Wunsch und die Notwendigkeit eine wirksame medizinische Behandlung zu entwickeln von immenser Bedeutung. Um das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen, werden Möglichkeiten für Interventionen untersucht, die auf beeinflussbaren Risikofaktoren basieren. Ein Vitamin-D-Mangel kann genau solch ein modifizierbarer Risikofaktor sein – und aufgrund seiner weltweiten Prävalenz von bis zu 1 Milliarde Betroffenen – mit einem enormen Potenzial (Cashman et al., 2016; Sizar et al., 2021).
Vitamin D senkt Risiko für Demenz
Vitamin D ist nachgewiesenermaßen am Abbau von beta Amyloid-Aggregaten (Aß), die eine zentrale Ursache der Alzheimer-Erkrankung sind, beteiligt und hat neuroprotektive Effekte gegenüber der übermäßigen Phosphorylierung von Tau-Proteinen, ein weiteres Kennzeichen von Alzheimer (Mizwicki et al., 2012; Lin et al., 2016).
Eine Meta-Analyse aus über 10 Kohortenstudien von Shen zeigte bereits 2015, dass niedrige Vitamin-D-Spiegel mit einem erhöhten Risiko für Demenz und der Alzheimer-Erkrankung assoziiert sind. Ein Vitamin-D-Spiegel von weniger als 50 nmol/l führte zu einem 21 % höheren Risiko Alzheimer zu entwickeln verglichen mit einem Vitamin-D-Spiegel von über 50 nmol/l. Es ist anzunehmen, dass dieser Wert noch höher ausfallen würde, wäre er mit guten Vitamin-D-Spiegeln von über 75 nmol/l verglichen worden, was in der Studie allerdings aufgrund fehlender Daten nicht getan wurde.
Neue Auswertungen einer neueren, großen prospektiven Kohorten-Studie mit über 12.300 Teilnehmern (Durchschnittsalter 71 Jahre) zeigen einen deutlichen präventiven Effekt von Vitamin D-Supplementen auf das Risiko an einer Demenz zu erkranken (Ghahremani et al., 2023).
Forscher der Universität Calgary und des Hotchkiss Brain Institutes werteten hierfür Daten des National Alzheimer´s Coordinating Centers über einen Zeitraum von 10 Jahren aus. Sie verglichen Studienteilnehmer, die Vitamin D supplementierten, mit denen ohne ein solches Supplement. Das Ergebnis: die Personen mit Vitamin D-Einnahme hatten ein bis zu 40 % niedrigeres Risiko an einer Demenz zu erkranken, unabhängig von Geschlecht und kognitivem Status (bereinigter Risikoquotient). Dabei war der präventive Effekt des Sonnenvitamins für alle betrachteten Supplementarten (Vitamin D + Calcium, Cholecalciferol, Ergocalciferol) nachweisbar.
Die Vitamin D-Effekte waren signifikant größer bei Frauen (verglichen mit Männern) und bei normaler kognitiver Funktion (verglichen mit Teilnehmern mit milder kognitiver Beeinträchtigung). Da die Effekte bei Personen ohne kognitive Veränderungen am deutlichsten waren, scheint der präventive Effekt von Vitamin D am größten zu sein, wenn rechtzeitig, also vor dem Auftreten erster kognitiver Veränderungen, mit der Einnahme von Vitamin D-Supplementen begonnen wird.
Diese Ergebnisse zeigen, welch großes Präventionspotential Vitamin D insbesondere für Personen mit erhöhtem Risiko für die Entwicklung einer Demenz hat. „Demenz zu verhindern oder dessen Fortschritt zu verzögern, ist in Anbetracht der steigenden Anzahl Betroffener von lebenswichtiger Bedeutung.“, so der Ko-Autor der Studie Byron Creese, PhD, Universität Exeter.
Vitamin-D-Mangel erhöht Risiko für Depressionen
Eine ältere Studie untersuchte den Einfluss des Vitamin-D-Status auf das Risiko für Depressionen. Bei der Untersuchung mit fast 4.000 Teilnehmern über 50 Jahren wurde zu Beginn der Studie der Vitamin-D-Spiegel gemessen. Nach zwei und vier Jahren Follow up wurde die Inzidenz von Demenz erfasst. Studienteilnehmer mit einem Vitamin-D-Mangel (<30 nmol/l) hatten nach vier Jahren ein um 75 % erhöhtes Risiko für Depressionen (Briggs et al., 2018). Vitamin D ist demnach ein wichtiger Baustein für den Erhalt der geistigen Funktionen im Alter.
Erhöhtes Schizophrenie-Risiko nach Vitamin-D-Mangel im Säuglingsalter
Eine dänische Studie mit 2.602 Teilnehmern ergab, dass ein Vitamin-D-Mangel bei Neugeborenen mit einem um 44 % erhöhten Risiko für Schizophrenie im Erwachsenenalter einhergeht. Ein Vitamin-D-Mangel bei Neugeborenen könnte für 8 % aller Schizophrenie-Fälle in Dänemark verantwortlich sein (Eyles et al., 2018).
Frühere Studien hatten bereits gezeigt, dass das Risiko für Schizophrenie bei Personen erhöht ist, die im Winter oder Frühling geboren wurden. Hier könnte ein Vitamin-D-Mangel der schwangeren Mutter in den Wintermonaten zugrunde liegen, der sich auf das Kind überträgt (Eyles et al., 2018).
Diese Ergebnisse zeigen, wie wichtig eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung nicht nur im Alter, sondern z. B. auch von Schwangeren ist. Eine Verbesserung der Vitamin-D-Spiegel von Schwangeren könnte möglicherweise zukünftige Schizophrenie-Fälle der Kinder verhindern.
Literatur:
- Briggs, R., McCarroll, K., O’Halloran, A., Healy, M., Kenny, R. A., & Laird, E. (2019). Vitamin D Deficiency Is Associated With an Increased Likelihood of Incident Depression in Community-Dwelling Older Adults. Journal of the American Medical Directors Association, 20(5), 517–523. https://doi.org/10.1016/j.jamda.2018.10.006
- Cashman KD, Dowling KG, Skrabakova Z, et al. (2016): Vitamin D deficiency in Europe: pandemic? Am J Clin Nutr.103(4):1033-1044.
- Eyles, D. W., Trzaskowski, M., Vinkhuyzen, A. A. E., Mattheisen, M., Meier, S., Gooch, H., Anggono, V., Cui, X., Tan, M. C., Burne, T. H. J., Jang, S. E., Kvaskoff, D., Hougaard, D. M., Nørgaard-Pedersen, B., Cohen, A., Agerbo, E., Pedersen, C. B., Børglum, A. D., Mors, O., Sah, P., … McGrath, J. J. (2018). The association between neonatal vitamin D status and risk of schizophrenia. Scientific reports, 8(1), 17692. https://doi.org/10.1038/s41598-018-35418-z
- Gauthier S, Rosa-Neto P, Morais JA,Webster C. (2021): World Alzheimer Report 2021: Journey Through the Diagnosis of Dementia. Alzheimer’s Disease International.
- Ghahremani, M., Smith, E. E., Chen, H. Y., Creese, B., Goodarzi, Z., & Ismail, Z. (2023). Vitamin D supplementation and incident dementia: Effects of sex, APOE, and baseline cognitive status. Alzheimer’s & dementia (Amsterdam, Netherlands), 15(1), e12404. https://doi.org/10.1002/dad2.12404
- Lin CI, Chang YC, Kao NJ, Lee WJ, Cross TW, Lin SH. (2020): 1,25(OH)2D3 alleviates Abeta(25-35)-induced tau hyperphosphorylation, excessive reactive oxygen species, and apoptosis through interplay with glial cell line-derived neurotrophic factor signaling in SH-SY5Y cells. Int J Mol Sci.21(12):4215.
- Mizwicki MT, MenegazD, Zhang J, et al. (2012): Genomic and nongenomic signaling induced by 1alpha,25(OH)2-vitamin D3 promotes the recovery of amyloid-beta phagocytosis by Alzheimer’s disease macrophages. J Alzheimers Dis.29(1):51-62.
- Shen L, Ji HF. 820159. Vitamin D deficiency is associated with increased risk of Alzheimer’s disease and dementia: evidence from meta-analysis. Nutr J.14:76.
- Sizar O, Khare S, Goyal A, Bansal P, Givler A. (2021): Vitamin D Deficiency. StatPearls.