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Zweifelsohne hat unsere Ernährung Einfluss auf das Krebsgeschehen. Allerdings gehen die Meinungen über die richtige Antikrebsdiät weit auseinander. In den letzten Jahren wurde eine proteinreiche Abwandlung der ursprünglichen ketogenen Diät als angeblich wirksame und wissenschaftlich belegte Krebsdiät propagiert. Bei genauer Sicht auf die epidemiologische und ernährungswissenschaftliche Studienlage scheint jedoch Vorsicht geboten. Ein Wirksamkeits­nach­weis der „ketogenen Diät“ bleibt nach wie vor aus. Die bisher durchgeführten klinischen Studien haben eine sehr kurze Laufzeit und belegen die Nebenwirkungen dieser extremen Ernährungsform.

Ketogene Diät kann Krebs fördernDie propagierte protein- und fettreiche Ernährungsweise steht im Widerspruch zu ernährungs­wissen­schaftlichen und medizinischen Goldstandards, zu den Schlussfolgerungen und ausdrücklichen Empfehlungen des World Cancer Research Fund (WCRF) und des American Institute for Cancer Research (AICR), die auf Basis der Sichtung von 500.000 Publikationen, der Auswertung von 22.100 und der Endbewertung von 7.000 Publikationen erstellt wurden, sowie zu den Empfehlungen der American Heart Association (AHA).

Ketogene Diät wirkt insulinogen und kann Krebs fördern

Der hohe Anteil an tierischem Protein in der ketogenen Diät dient Krebszellen als Brenn- und Baustoff (Glutaminolyse), belastet dabei den Stoffwechsel und wirkt insulinogen. Das viele Fett nährt Adipozyten wie Krebszellen gleichermaßen und kann auf Dauer eine Insulinresistenz fördern. Neue Erkenntnisse zeigen, dass Krebszellen einen gesteigerten Fettstoffwechsel, eine erhöhte beta-Oxidation und eine gesteigerte Fettsäuresynthese aufweisen. Diese Veränderungen tragen zur mitochondrialen Entkopplung und zum Warburg-Effekt bei und machen Krebszellen besonders Chemotherapie- und Apoptose-resistent. Insbesondere bei Prostatakrebs und Brustkrebs ist eine fettreiche Ernährung nicht sinnvoll, solange sich der Patient nicht in einer Kachexie befindet.

Krebszellen versorgen sich durch die Überexpression von Glukosetransportern noch mit Glukose, wenn der Mensch schon an Hypoglykämie verstorben ist. Die starke Kohlenhydratrestriktion senkt also nur die Lebensqualität und erhöht stattdessen das Risiko für psychische und metabolische Störungen, wie sie für extreme Low-Carb-Diäten bekannt sind. Bei stark glukosevergärenden, hochaggressiven Tumoren mag es eine vorläufige Evidenz für eine Kohlenhydratrestriktion geben. Die Ernährungsempfehlungen sollten aber ernährungs­wissen­schaftlich durchdacht sein und den Gehalt an Ballaststoffen, Mineralstoffen, Vitaminen und sekundären Pflanzenstoffen, potentiell ungesunden Inhaltsstoffen sowie die Insulinwirkung (vgl. Food-Insulin-Index) berücksichtigen. Somit würden hier stärkearmes Gemüse, Nüsse, Hülsenfrüchte, Beeren, gesunde Fette und pflanzliche Proteinquellen an erster Stelle stehen. Die glykämische Last, die Anflutungsgeschwindigkeit der Kohlenhydrate im Blut sowie die Insulinwirkung wären dabei die entscheidenden Auswahlkriterien, nicht der reine Kohlenhydratgehalt.

>> Für vertiefende Informationen können Sie sich hier den Fachartikel von Dr. med. L.M. Jacob (2014) zum Thema „‚Ketogene Diät’ gegen Krebs – mehr Schaden als Nutzen?“ als PDF herunterladen.

Tierische Lebensmittel fördern Insulinresistenz

Tierisches ProteinLow-Carb-Diäten werden in der Regel auf Basis tierischer Lebensmittel umgesetzt, die arm an Kohlenhydraten und reich an gesättigten Fettsäuren und Protein sind. Zwar haben tierische Lebensmittel einen geringen Kohlenhydratgehalt und einen niedrigen glykämischen Index, entgegen ihrer Versprechen lösen sie aber zum Teil eine hohe Insulinantwort aus und fördern darüber hinaus durch ihren hohen Gehalt an gesättigten Fettsäuren und verzweigtkettigen Aminosäuren eine Insulinresistenz.

Bei übergewichtigen Menschen, die sich zuvor mit klassischer Zivilisationskost ernährt haben, zeigen die üblichen Low-Carb-Diäten kurzfristig aufgrund einer Entwässerung beachtliche Erfolge bei der Gewichtsreduktion, meist keine direkten gesundheitlichen Nachteile und führen sogar zu einer Verbesserung der Blutwerte. Doch langfristige Studien zu diesen Diäten über mehr als 3-12 Monate sind rar. Die vorhandenen Langzeitstudien belegen statt positiver Effekte eine erhöhte Krebs- und Herz-Kreislauf-Mortalität. Hierfür ist vor allem der vermehrte Verzehr tierischer Lebensmittel verantwortlich, die auch das Risiko für Diabetes mellitus und koronare Herzerkrankung erhöhen. Weitere mögliche gesundheitsschädliche Langzeitfolgen sind: Beeinträchtigung des Energie- und Säure-Basen-Haushalts, Nieren- und Leberbelastung, Nierensteine, Gelenkbeschwerden, proentzündliche Stoffwechsellage, psychische Unausgeglichenheit, mangelnde Belastbarkeit, metabolisches Syndrom.

Pflanzenbasierte Ernährung wirkungsvoller

Eine pflanzenbasierte Low-Carb-Diät kann dagegen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes senken. Beim Vergleich verschiedener Reduktionsdiäten zeigte sich die auf Pflanzenkost basierende Ornish-Diät selbst bei schlechter Compliance wirkungsvoller als auf tierischen Lebensmitteln basierende Low-Carb-Diäten.

Die offiziellen Leitlinien für Diabetiker empfehlen eine Proteinzufuhr von 10-20 % der Energieaufnahme sowie eine Restriktion der Zufuhr von Cholesterin, gesättigten Fettsäuren und Transfettsäuren, die sich hauptsächlich in tierischen und verarbeiteten Lebensmitteln finden.

2 Antworten

  1. Hallo,
    die Aussage, Krebszellen würden sich von tierischem Protein ernähren, ist stark vereinfacht. Tatsächlich müssen tierische Lebensmittel in ihrer Gesamtheit betrachtet werden – man nimmt schließlich bei deren Verzehr nicht allein das Protein auf.
    Tierische Lebensmittel wirken über eine ganze Reihe von Effekten förderlich auf die Krebsentwicklung, z.B.
    * durch deren hohen Gehalt an der Aminosäure Methionin (führt zu oxidativem Stress),
    * durch das Hervorrufen hoher Insulinspiegel und die Ausschüttung Insulin-ähnlicher Wachstumshormone,
    * durch ggf. enthaltene Antibiotika und Hormone,
    * durch die in hohen Mengen enthaltenen prooxidativen Spurenelemente Eisen und Kupfer,
    * durch den hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren,
    * durch die Bildung starker Kanzerogene bei der Zubereitung tierischer Lebensmittel (z.B. PAKs), usw.
    Zudem fehlen in tierischen Lebensmitteln viele schützende Substanzen, die in pflanzlichen Lebensmitteln reichlich vorhanden sind, wie z.B. Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe.
    Ausführliche Literatur zum Thema finden Sie in dem im Text verlinkten Artikel sowie im Fachbuch „Dr. Jacobs Weg des genussvollen Verzichts“.

  2. Wäre toll wenn es Quellenangaben dafür geben würde, dass sich Krebszellen von tierischem Protein ernähren. Da habe ich aber anderes gelesen.

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