Wasser trinken und normale Natriumspiegel reduzieren das biologische Alter und Risiko für chronische Erkrankungen und Sterberisiko deutlich

Ausreichend Wasser zu trinken, steht in Zusammenhang mit einem niedrigen biologischen Alter, einem geringen Risiko für chronische Erkrankungen und einem geringen Risiko frühzeitig zu sterben. Dies zeigt eine hochaktuelle Kohortenstudie aus Januar 2023 mit über 15.000 Teilnehmern (Dmitrieva et al., 2023). Die Gesundheitsdaten wurden über einen Zeitraum von 30 Jahren aus der ARIC-Studie (Atherosclerosis Risk in Communities) gesammelt und ausgewertet. Die Datenerhebung begann 1987, als die Teilnehmer im Alter von 40 oder 50 Jahren waren. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer bei der abschließenden Bewertung während des Studienzeitraums betrug 76 Jahre.

Als Indikator für die Trinkmenge der Teilnehmer wurde standardmäßig der Serum-Natriumspiegel verwendet. Eine geringe Trinkmenge führt demnach zu einem hohen Serum-Natriumspiegel. Diese Kausalität wurde bereits in einigen Studien nachgewiesen (Ferreira-Pêgo et al., 2015; Malisova et al., 2016; Thornton et al., 2010).

Personen mit Serum-Natriumspiegel über 142 mmol/l hatten ein um 39 % erhöhten Risiko für die Entwicklung chronischer Krankheiten wie Herzversagen, Schlaganfall, Vorhofflimmern, periphere Arterienerkrankungen, chronische Lungenerkrankungen, Diabetes und Demenz. Die Wahrscheinlichkeit, dass das biologische Alter größer war als das chronologische Alter, war um 50 % erhöht. Das biologische Alter wurde anhand von Biomarkern bestimmt, die die Leistung verschiedener Organsysteme und -prozesse messen, darunter kardiovaskuläre, renale, respiratorische, metabolische, immunologische und entzündliche Biomarker. Für vorzeitigen Tod war das Risiko bei Personen mit Serum-Natriumspiegel über 144 mmol/l um 21 % erhöht, jeweils verglichen mit einem guten Serum-Natriumspiegel von 137–142 mmol/l.  Vorzeitiger Tod ist definiert als Todesfall in einem Alter, welches geringer ist als das Durchschnittsalter.

„Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine angemessene Flüssigkeitszufuhr das Altern verlangsamen und ein krankheitsfreies Leben verlängern kann“, sagte Studienautorin Natalia Dmitrieva, Forscherin am National Heart, Lung and Blood Institute, in einer Pressemitteilung. Welche Trinkmengen hierfür nötig sind, zeigen die nachfolgenden Studien.

Wasser halbiert Risiko für tödliche Herzerkrankungen

Ergebnisse der Adventist Health Study mit über 20.000 Teilnehmern zeigen ebenso, dass reichliches Trinken Leben retten kann. In dieser Studie wurde die tatsächliche Flüssigkeitsaufnahme ermittelt. Männer, die fünf oder mehr Gläser (à 240 ml) Wasser am Tag tranken, hatten ein um 54 % reduziertes Risiko, eine tödlich verlaufende koronare Herzkrankheit zu entwickeln im Vergleich zu Männern, die lediglich zwei oder weniger Gläser Wasser am Tag tranken. Bei Frauen reduzierte eine hohe Wasserzufuhr das Risiko um 41 % (Chan et al., 2002).

Die Studienleiter stellen fest, dass die Viskosität des Blutes, der Hämatokrit und der Fibrinogenwert durch Dehydrierung (Wassermangel) erhöht werden können und unabhängige Risikofaktoren für koronare Herzerkrankungen sind (Chan et al., 2002). Daher ist die lebensrettende Wirkung von Wasser nicht erstaunlich.

Andere Getränke hatten allerdings den gegenteiligen Effekt! Das Risiko wurde durch eine hohe Zufuhr (≥ 5 Gläser vs. ≤ 2 Gläser pro Tag) anderer Flüssigkeiten erhöht: bei Männern um 46 %, bei Frauen sogar um 147 %. Diese „anderen Getränke” setzten sich bei den Studienteilnehmern durchschnittlich folgendermaßen zusammen: Milch (44 %), Kaffee (18 %), Saft und Fruchtsaftgetränke (18 %), Tee und andere Heißgetränke (13 %), Softdrinks (5 %), heiße Schokolade (3 %), alkoholische Getränke (2 %) (Chan et al., 2002). Milch ist reich an gesättigten Fettsäuren und führt zu einer hohen Insulinausschüttung, die auf Dauer zu Stoffwechselstörungen führen kann.

Das Risiko für Schlaganfall und Herzinfarkt ist am Morgen bis zu viermal so hoch

Die gefährlichste Zeit für Herzinfarkt, Schlaganfall und andere Herz-Kreislauf-Notfälle ist am Morgen kurz vor und nach dem Aufstehen. In den ersten drei Stunden nach dem Aufstehen ist das Risiko für einen Herzinfarkt durchschnittlich verdoppelt, in der ersten Stunde im Vergleich zur Nacht sogar vervierfacht (Ridker et al., 1990; Muller 1989; Willich et al., 1989).

Daran sind viele Mechanismen beteiligt, insbesondere der morgendliche Blutdruck-Anstieg, bestimmte Hormone (Adrenalin, Cortisol) und eine erhöhte Blutgerinnung. Die offensichtlichste Ursache wird meist vergessen, ist aber einfach zu beheben: In der Nacht verliert unser Körper durch Atmung und Schwitzen einen halben Liter Wasser und mehr. Dies führt zu einer Verdickung des Blutes und zu verringertem Blutfluss. Damit die Blutversorgung aufrechterhalten bleibt, müssen Blutdruck und Herzschlag erhöht werden.

Durch Blutverdünner wie Aspirin kann dieser Effekt zum Teil verhindert werden (Ridker et al., 1990). Noch besser ist allerdings der Effekt von ausreichendem Wassertrinken, wie die Adventist Health Study – und der gesunde Menschenverstand – zeigen. Dies trifft besonders bei älteren Menschen zu, die abends bewusst wenig trinken, um nächtliche Toilettengänge zu vermeiden. Doch gerade in der Nacht ist die ausreichende Versorgung mit Wasser zum Ausgleich des starken Wasserverlusts wichtig.

Füllen Sie morgens gleich nach dem Aufstehen Ihren Wasserstand auf!

Trinken Sie möglichst gleich morgens direkt nach dem Aufstehen einen halben Liter (warmes) Wasser, um den Flüssigkeitsverlust in der Nacht auszugleichen. Trinken Sie ruhig auch während der Nacht ein Glas Wasser, falls Sie ohnehin wach sind.

Eineinhalb bis zwei weitere Liter trinken Sie am besten gut über den Tag verteilt, damit der Körper dauerhaft mit ausreichend Flüssigkeit versorgt ist. Wer zu viel auf einmal trinkt, hat übrigens nichts davon: Da der Körper große Mengen Flüssigkeit auf einmal nicht verarbeiten kann, scheidet er den Rest einfach wieder aus.

Bei ausgeprägter Herzinsuffizienz hat das Herz nicht genug Kraft, eine zu große Blutmenge durch den Körper zu transportieren. Daher sollten Herzkranke besonders darauf achten, die Flüssigkeit über den Tag verteilt zu trinken. So kommt es nicht zu einer akuten Überlastung mit Wasser.

Wasserbedarf individuell unterschiedlich

Während es für die einen nicht genug sein kann, halten die anderen einen Liter Trinken am Tag für ausreichend und warnen vor zu viel des Guten. Doch der Wasserbedarf kann stark variieren und die nötige Trinkmenge hängt auch davon ab, was wir essen und wie viel wir schwitzen.

Der tägliche Wasserbedarf liegt laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) bei durchschnittlich etwa 2,6 Litern. Davon werden ca. 800-900 ml aus festen Lebensmitteln (besonders aus Gemüse und Obst) aufgenommen. Zusätzlich produziert der Stoffwechsel selbst ca. 300 ml Wasser. Der Rest muss über Getränke aufgenommen werden. Dementsprechend empfiehlt die DGE eine tägliche Wasserzufuhr über Getränke von ca. 1,5 Litern (DGE, 2018).

Durchaus höhere Mengen empfiehlt die National Academy of Medicine (vorher bekannt als Institute of Medicine). Frauen sollen demnach ca. 2,1 Liter und Männer 2,9 Liter Flüssigkeit als Getränk aufnehmen.

Der Wasserbedarf ist allerdings auch abhängig vom Alter und der Körpergröße. Für die optimale Leistungsfähigkeit von Körper und Geist werden aber sicherlich mehr als 1,5 Liter benötigt, so auch ein Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA, 2016). Auch bei höheren Temperaturen und/oder vermehrter körperlicher Aktivität kann deutlich mehr Wasser nötig sein.

Ist zu viel Trinken gefährlich?

Nicht selten wird betont, dass zu viel Trinken gefährlich sei und den Natriumspiegel im Blut zu stark senken könne (Hyponatriämie). Hierfür sind aber sehr große Mengen Flüssigkeit in wenigen Stunden nötig. Ansonsten scheidet ein gesunder Mensch (ohne Nieren-, Herz- oder Lebererkrankung) überschüssige Flüssigkeit einfach wieder aus. Das Risiko eines Wassermangels ist deutlich höher als das einer Überversorgung.

Jedoch wurde in der zu Beginn des Artikels genannten Studie festgestellt, dass auch ein niedriger Serum-Natriumspiegel (135–137 mmol/l) mit einem erhöhten Risiko für vorzeigen Tod und der Entwicklung von chronischen Krankheiten einhergeht. Dies steht im Einklang mit früheren Studien über eine erhöhte Sterblichkeit und Häufigkeit kardiovaskulärer Erkrankungen bei Personen mit niedrigem Natriumspiegel, der auf Krankheiten zurückzuführen ist, die Elektrolytstörungen verursachen (Sajadieh et al., 2009; Wannamethee et al., 2016).

Die Hyponatriämie entsteht in der Regel nicht allein durch zu viel trinken. Problematisch sind neben den Elektrolytstörungen auch die häufig verschriebenen Entwässerungsmedikamenten (Diuretika), die nicht nur zum Verlust von Wasser, sondern auch zu einer vermehrten Ausscheidung von Mineralstoffen einschließlich Natrium führen. Auch bei extremen Sportarten, wo sehr große Mengen salzhaltiger Schweiß ausgeschieden werden, kann eine Hyponatriämie auftreten.

Für die meisten Menschen trifft dagegen zu: je weniger Natrium, desto besser. Denn zu viel Salz (Natriumchlorid) ist eine wesentliche Ursache für einen erhöhten Blutdruck. Dieser verursacht Herz-Kreislauf-Erkrankungen und ist inzwischen der Hauptrisikofaktor für eine schwere Behinderung und einen verfrühten Tod. Daher sollte man auf eine reichliche Zufuhr von Kalium und eine geringe Zufuhr von Natrium achten, denn beides unterstützt die Aufrechterhaltung eines normalen Blutdrucks.

Literatur

  • Chan, J., Knutsen, S. F., Blix, G. G., Lee, J. W., & Fraser, G. E. (2002). Water, other fluids, and fatal coronary heart disease: the Adventist Health Study. American journal of epidemiology, 155(9), 827–833. https://doi.org/10.1093/aje/155.9.827
  • DGE (2018): Wasser. URL: https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/wasser/ (09.04.2018)
  • Dmitrieva, N. I., Gagarin, A., Liu, D., Wu, C. O., & Boehm, M. (2023). Middle-age high normal serum sodium as a risk factor for accelerated biological aging, chronic diseases, and premature mortality. EBioMedicine, 87, 104404. https://doi.org/10.1016/j.ebiom.2022.104404
  • EFSA (2016): EU Register on nutrition and health claims. URL: http://ec.europa.eu/food/safety/labelling_nutrition/claims/register/public (12.04.2018)
  • Ferreira-Pêgo, C., Guelinckx, I., Moreno, L. A., Kavouras, S. A., Gandy, J., Martinez, H., Bardosono, S., Abdollahi, M., Nasseri, E., Jarosz, A., Babio, N., & Salas-Salvadó, J. (2015). Total fluid intake and its determinants: cross-sectional surveys among adults in 13 countries worldwide. European journal of nutrition, 54 Suppl 2(Suppl 2), 35–43. https://doi.org/10.1007/s00394-015-0943-9
  • Malisova, O., Athanasatou, A., Pepa, A., Husemann, M., Domnik, K., Braun, H., Mora-Rodriguez, R., Ortega, J. F., Fernandez-Elias, V. E., & Kapsokefalou, M. (2016). Water Intake and Hydration Indices in Healthy European Adults: The European Hydration Research Study (EHRS). Nutrients, 8(4), 204. https://doi.org/10.3390/nu8040204
  • Muller J. E. (1989). Morning increase of onset of myocardial infarction. Implications concerning triggering events. Cardiology, 76(2), 96–104. https://doi.org/10.1159/000174480
  • Ridker, P. M., Manson, J. E., Buring, J. E., Muller, J. E., & Hennekens, C. H. (1990). Circadian variation of acute myocardial infarction and the effect of low-dose aspirin in a randomized trial of physicians. Circulation, 82(3), 897–902. https://doi.org/10.1161/01.cir.82.3.897
  • Sajadieh, A., Binici, Z., Mouridsen, M. R., Nielsen, O. W., Hansen, J. F., & Haugaard, S. B. (2009). Mild hyponatremia carries a poor prognosis in community subjects. The American journal of medicine, 122(7), 679–686. https://doi.org/10.1016/j.amjmed.2008.11.033
  • Thornton S. N. (2010). Thirst and hydration: physiology and consequences of dysfunction. Physiology & behavior, 100(1), 15–21. https://doi.org/10.1016/j.physbeh.2010.02.026
  • Wannamethee, S. G., Shaper, A. G., Lennon, L., Papacosta, O., & Whincup, P. (2016). Mild hyponatremia, hypernatremia and incident cardiovascular disease and mortality in older men: A population-based cohort study. Nutrition, metabolism, and cardiovascular diseases : NMCD, 26(1), 12–19. https://doi.org/10.1016/j.numecd.2015.07.008
  • Willich, S. N., Linderer, T., Wegscheider, K., Leizorovicz, A., Alamercery, I., & Schröder, R. (1989). Increased morning incidence of myocardial infarction in the ISAM Study: absence with prior beta-adrenergic blockade. ISAM Study Group. Circulation, 80(4), 853–858. https://doi.org/10.1161/01.cir.80.4.853

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