Auf der Suche nach Präventionsmöglichkeiten einer COVID-19-Infektion stellten polnische Forscher fest, dass eine Ernährung, die reich an sekundären Pflanzenstoffen ist, das Infektionsrisiko deutlich mindern kann. Sie werteten die Ernährungsgewohnheiten von 95 gesunden Teilnehmern (25-45 Jahren) aus und ermittelten die Aufnahme von Lignanen (u.a. Secoisolariciresinol und Matairesinol), Polyphenolen und pflanzlichen Sterolen (u.a. Stigmasterole und β-Sitosterol) in der täglichen Ernährung. Ebenso untersuchten die Wissenschaftler den Einfluss dieser Pflanzenstoffe auf die Zusammensetzung der Darmflora, insbesondere auf die Stämme Enterococcus spp. und Escherichia coli sowieauf das COVID-19-Erkrankungsrisiko (Micek et al., 2023).
Ein höherer Anteil an Lignanen und Phytosterolen konnte das Risiko für eine COVID-19-Infektion deutlich – um bis zu 70% – senken (für Secoisolariciresinol (OR = 0.28, 95% CI: 0.11–0.61), Gesamt-Phytosterole (OR = 0.47, 95% CI: 0.22–0.95) und für Stigmasterole (OR = 0.34, 95% CI: 0.14–0.72)) (Micek et al., 2023).
Für polyphenol- und phytosterolreiche Ernährungsweisen (bspw. die Mittelmeerdiät) ist schon länger bekannt, dass sie in der Lage sind, Entzündungen auf vielfältige Weise zu mindern. Die bisher bekannten Mechanismen sind vielseitig: Reduktion von oxidativem Stress, Blockade proentzündlicher Zytokine, Unterdrückung entzündlicher und Förderung anti-entzündlicher Gen-Expression sowie Aktivierung von Transkriptionsfaktoren, die chronische Entzündungen mindern.
Aber nicht nur die Wirkung der sekundären Pflanzenstoffe selbst, sondern auch deren Effekt auf die Darmflora spielt eine wichtige Rolle: Denn im Vergleich wiesen die Studienteilnehmer mit der höchsten Aufnahme an sekundären Pflanzenstoffen deutlich weniger schädliche Bakterien in ihrer Darmflora auf, verglichen mit den Teilnehmern, die nur wenige davon verzehrten. Auch nützliche Darmkeime, wie der Enterococcus spp. scheinen sich bei einer lignanreichen Ernährung wohler zu fühlen (statistischer Trend für Lariciresinol) (Micek et al., 2023).
Ernährung wichtiger Bestandteil der Präventionsstrategie gegen Atemwegsinfektionen
Die Ergebnisse der polnischen Forscher bestätigen damit bisherige Studienergebnisse, welche belegen, dass eine pflanzenbasierte Ernährung mit einem niedrigeren Risiko für eine COVID-19-Infektion sowie einem milderen Verlauf assoziiert ist. Der schützende, antivirale Effekt einer gesunden, polyphenol- und lignanreichen Ernährung gegenüber grippeähnlichen Erkrankungen kann dabei sogar größer sein (bis 70 %), als der Effekt einer Grippeimpfung (Micek et al., 2023). Diese hatte in den letzten 10 Jahren eine Wirksamkeit von 19 bis 60 % (CDC, 2023).
Die Autoren betonen die Bedeutung einer ausgewogenen Ernährung mit einer optimalen Aufnahme von Makro- und Mikronährstoffen sowie reichlich bioaktiven Pflanzenstoffen für ein starkes Immunsystem (Micek et al., 2023).
Diese Lebensmittel enthalten größere Mengen an den genannten sekundären Pflanzenstoffen:
- Lignane (u.a. Secoisolariciresinol und Matairesinol): Leinsamen, Cashewnüsse, ausgewählte Obst- und Gemüsesorten, z.B. Brokkoli, Kohlgemüse, Paprika, Zucchini, Karotte, Aprikose, Birne
- Polyphenole: alle Obst- und Gemüsesorten, z.B. Beeren, Pflaume, Granatapfel; Kaffee, Tee, Kakao
- Phytosterole (u.a. Stigmasterole und β-Sitosterol): native Pflanzenöle, Nüsse, Samen, Hülsenfrüchte
Literatur:
- Micek A, Bolesławska I, Jagielski P, Konopka K, Waśkiewicz A, Witkowska AM, Przysławski J und Godos J (2023): Association of dietary intake of polyphenols, lignans, and phytosterols with immune-stimulating microbiota and COVID-19 risk in a group of Polish men and women. Front. Nutr. 10:1241016. doi: 10.3389/fnut.2023.1241016
- CDC (2023): CDC Seasonal Flu Vaccine Effectiveness Studies. URL: https://www.cdc.gov/flu/vaccines-work/effectiveness-studies.htm (21.2.2023)
- Rodríguez-García C, Sánchez-Quesada C, Toledo E, Delgado-Rodríguez M, Gaforio JJ (2019): Naturally Lignan-Rich Foods: A Dietary Tool for Health Promotion? Molecules. 2019; 24(5):917. https://doi.org/10.3390/molecules24050917