Gesundheitliche Wirkungen von Vitamin E (Tocopherole)

Vitamin E ist ein weithin unterschätztes Vitamin, dem zahlreiche wichtige Körperfunktionen zukommen. Vitamin E schützt u.a. als fettlösliches Antioxidans die Zellmembranen vor Lipidperoxidation, hemmt die Aktivierung von Karzinogenen wie Nitrosaminen und verhindert DNA-Schäden. Vitamin E schützt zudem Vitamin A und Selen und steigert die Immunantwort des Körpers (WCRF, 2007). Eine gute Versorgung mit Vitamin E trägt somit zur allgemeinen Gesundheit und zum Schutz vor Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Alzheimer bei. Höhere Tocopherolspiegel reduzieren die allgemeine Mortalität, die Mortalität durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall, Krebs und Atemwegserkrankungen (Huang et al., 2019).

Die verschiedenen Vitamin-E-Formen, Alpha- und gamma-Tocopherol

Es existieren acht verschiedene Formen von Vitamin E, vier Tocopherole und vier Tocotrienole, von denen jedoch nur alpha-Tocopherol und gamma-Tocopherol in der Natur weit verbreitet sind. Alpha-Tocopherol und gamma-Tocopherol haben unterschiedliche chemische Eigenschaften, die zu teils unterschiedlichen biologischen Effekten führen. Obwohl gamma-Tocopherol einen großen Teil der Vitamin-E-Aufnahme ausmacht (in Nordamerika etwa 70 %), wurde es lange Zeit kaum als potentieller Gesundheitsfaktor wahrgenommen und untersucht (Wagner et al., 2004). Viele Studien beachten nur alpha-Tocopherol, das insbesondere bei hochdosierter Anwendung teilweise auch negative Ergebnisse aufwies. Studien zeigen jedoch, dass insbesondere auch gamma-Tocopherol bedeutsame Gesund­heits­wirkungen aufweist. 

Schutz vor oxidativem und nitrosativem Stress und Entzündungen

Alpha-Tocopherol und gamma-Tocopherol haben sehr unterschiedliche antiinflammatorische Eigenschaften (Christen et al., 1997). Beide Formen von Vitamin E hemmen die Bildung von freien Radikalen. Dabei wirkt alpha-Tocopherol zwar stärker antioxidativ, doch insbesondere gamma-Tocopherol kann Peroxynitrit und andere reaktive Stickstoffspezies (RNS) wie Stickstoffdioxid unschädlich machen und somit nitrosativen Stress reduzieren (Christen et al., 2002; Cooney et al., 1993; Kamal-Eldin und Appelqvist, 1996). Bei der Reaktion von gamma-Tocopherol, jedoch nicht von alpha-Tocopherol, mit Stickstoffdioxid entsteht dabei als positiver Nebeneffekt protektives Stickstoffmonoxid (NO), das sehr wichtig für ein gesundes Gefäßsystem und insbesondere für die männliche Erektion ist (Cooney et al., 1993).

Nitrosativer Stress entsteht durch die Oxidation von NO zu Peroxynitrit, einem hochtoxischen Stickstoffradikal, das vermehrt während eines Entzündungsprozesses gebildet wird und diesen aufrechterhält.

In oxidativ gestresstem Endothel führt Peroxynitrit zur Oxidation von Tetrahydrobiopterin. Dies verstärkt die Produktion von Superoxid und beeinträchtigt die Aktivität der endothelialen NO-Synthase (eNOS). Gamma-Toco­pherol fängt Peroxynitrit ab und schützt dadurch Tetrahydrobiopterin vor Oxidation. Auf diese Weise fördert gamma-Tocopherol die eNOS-Aktivität, was auch klinische Studien mit einer Supplementierung von gamma-Tocopherol nachweisen konnten (McCarty, 2007).

Gamma-Tocopherol kann zudem, im Gegensatz zu alpha-Tocopherol, die Aktivität des zentralen Entzündungsfaktors COX-2 hemmen (Jiang et al., 2000; Jiang et al., 2001). In Tierstudien reduzierte gamma-Tocopherol außerdem weitere Entzündungsfaktoren wie Leukotrien B4 und TNF-alpha (Jiang und Ames, 2003).

Weitere Studien ergaben, dass die Supplementierung von gamma- und alpha-Tocopherol in Kombination wirksamer vor oxidativen Schäden der DNA und in Muskelzellen schützt als alpha-Tocopherol alleine (Elmadfa und Park, 1999; Chen et al., 2002).

Entzündungen sowie oxidativer und nitrosativer Stress spielen eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und neurodegenerativen Erkrankungen (Ames et al., 1993; Christen et al., 1999). Indem gamma-Tocopherol RNS beseitigt und Entzündungsfaktoren hemmt, kann es Entzündungen eindämmen und diesen Erkrankungen vorbeugen. Vermutlich wirken gamma-Tocopherol und alpha-Tocopherol bei der Prävention von entzündlichen Erkrankun­gen synergistisch (Christen et al., 2002).

Wirksame Unterstützung gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Zu gamma-Tocopherol wurde bisher viel weniger geforscht als zu alpha-Tocopherol, jedoch zeigen die bisherigen Ergebnisse, dass gamma-Tocopherol ein wenigstens ebenso wichtiger Schutzfaktor gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist. Sowohl gamma-Tocopherol als auch alpha-Tocopherol hemmen in Tierstudien die Thrombozytenaggregation und verzögern die Bildung eines arteriellen Blutgerinnsels. Vitamin E wirkt somit als natürlicher Blutverdünner. Zudem reduzieren die Tocopherole die arterielle Bildung von Superoxid, hemmen die Lipidperoxidation und die Oxidation von LDL-Cholesterin und steigern zudem die Aktivität der antioxidativ wirksamen Superoxiddismutase (SOD). Gamma-Tocopherol erwies sich bei all diesen Wirkungen effektiver als alpha-Tocopherol (Saldeen et al., 1999; Li et al., 1999). 

In der Untersuchung von Jiang et al. (2001) gingen erhöhte Gewebskonzentrationen von gamma-Tocopherol mit selteneren kardiovaskulären Ereignissen und Todesfällen einher. Umgekehrt zeigen verschiedene Studien zudem, dass Patienten mit fortgeschrittener Herz-Kreislauf-Erkrankung zwar normale alpha-Tocopherol-, jedoch niedrige gamma-Tocopherol-Plasmas­piegel aufwiesen (Ohrvall et al., 1996; Kontush et al., 1999). Eine Studie mit 34.486 Frauen über sieben Jahre ergab, dass Frauen mit der höchsten Vitamin-E-Aufnahme aus der Nahrung, die zum Großteil aus gamma-Tocopherol bestand, im Vergleich zu denjenigen mit der niedrigsten Aufnahme ein um 62 % geringeres Risiko hatten, an einer koronaren Herz­erkrankung zu versterben (Kushi et al., 1996).

In der Studie von Glynn et al. (2007) wurden fast 40.000 Frauen ab 45 Jahren im Mittel 10 Jahre beobachtet. Sie bekamen jeden zweiten Tag entweder 600 I.E. Vitamin E (alpha-Tocopherol) (entspricht 403 mg D-α-Tocopheroläquivalent) oder Placebo. Frauen, die Vitamin E einnahmen, hatten ein um 21 % reduziertes Risiko für eine venöse Thromboembolie (VTE). Frauen, die bereits vor Studienbeginn eine VTE erlitten hatten, profitierten besonders von der Vitamin-E-Einnahme. Bei ihnen war das Risiko um 44 % reduziert. Auch bei Probandinnen mit Faktor V Leiden und Prothrombin Mutation reduzierte sich das Risiko für eine VTE besonders stark um 49 %, also nahezu auf die Hälfte. In niedrigeren, ernährungsphysiologischen Dosierungen ist eine so starke Blutverdünnung, die natürlich auch unerwünscht sein kann, nicht zu erwarten.

Die blutverdünnende Wirkung von Vitamin E zeigt sich übrigens nicht, wenn bereits blutverdünnende Medikamente eingenommen werden. Die verbreitete Verwendung von Blutverdünnern erklärt, warum die kardiovaskuläre Wirkung von Vitamin E häufig unterschätzt wird.

Vitamin E, insbesondere gamma-Tocopherol, gegen Alzheimer

Vitamin E kommt möglicherweise eine große Bedeutung beim Schutz vor Alzheimer zu, da oxidativer und insbesondere nitrosativer Stress sowie entzündliche Prozesse bei der Entwicklung einer Alzheimer-Erkrankung eine wichtige Rolle spielen und Vitamin E hierbei schützend wirkt (s.o.).

Die Ansammlung von Amyloid-beta-Plaques ist ein wichtiges Kennzeichen der Alzheimer-Erkrankung. Eine Studie ergab, dass Vitamin E die Expression von Genen positiv beeinflusst, die an der Beseitigung von Amyloid-beta-Proteinen beteiligt sind (Rota et al., 2005). Entsprechend gehen höhere gamma-Tocopherol-Konzentrationen mit einer verringerten Bildung amyloi­der Plaques und neurofibrillärer Bündel im Gehirn einher. Bei niedrigen Konzentrationen an gamma-Tocopherol zeigte alpha-Tocopherol negative Wirkungen; waren die Spiegel an gamma-Tocopherol dagegen hoch, wirkte alpha-Tocopherol protektiv (Morris et al., 2014). Eine Studie von Williamson et al. (2002) ergab, dass gamma-Tocopherol auch im Gehirn nitrosativen Stress stärker reduziert als alpha-Tocopherol.

In einer Studie von Morris et al. (2005) zeigte sich, dass eine vermehrte Aufnahme von gemischten Tocopherolen aus der Nahrung mit einem geringeren Risiko für kognitive Beeinträchtigungen einherging als nur die Aufnahme von alpha-Tocopherol. Zudem reduzierte gamma-Tocopherol das Risiko für eine Alzheimer-Demenz stärker als alpha-Tocopherol: Die vermehrte Aufnahme von 5 mg alpha-Tocopherol pro Tag senkte das Alzheimer-Risiko um 34 %, gamma-Tocopherol sogar um 40 %. (Die Zufuhrempfehlung der DGE liegt bei 12-15 mg Vitamin E/Tag.) Weitere Studien bestätigen die Bedeutung von Vitamin E bei der Prävention von Alzheimer (Rota et al., 2005; Kontush und Schekatolina, 2004; Tucker und Townsend, 2005).

Die Auswirkungen der beiden Tocopherole auf die Neuropathologie von Alzheimer sind komplex, wobei gamma-Tocopherol eine entscheidende Rolle zu spielen und mit alpha-Tocopherol synergistisch zu wirken scheint.

Eine Metaanalyse bestätigt den positiven Effekt der Aufnahme verschiedener Antioxidantien über die Nahrung auf die Entwicklung von Alzheimer: Eine hohe Aufnahme von Vitamin E senkt das Risiko um 24 %, Vitamin C um 17 % und beta-Carotin um 12 % (Li et al., 2012).

Krebspräventive Eigenschaften von gamma-Tocopherol

Sowohl alpha-Tocopherol als auch gamma-Tocopherol können möglicherweise vor Krebs schützen. Dabei lassen epidemiologische und experimentelle Studien vermuten, dass gamma-Tocopherol eine stärkere präventive Wirkung bei Krebs hat als alpha-Tocopherol (Campbell et al., 2003a). Gamma-Tocopherol hemmt die Zellteilung und die DNA-Synthese in Prostatakrebszellen stärker als alpha-Tocopherol und unterdrückt so die Vermehrung der Zellen (Gysin et al., 2002; Moyad et al., 1999). Die Wirkung scheint über unterschiedliche Mechanismen vermittelt zu werden: Gamma-Tocopherol zerstört reaktive Stickstoffspezies (RNS) (Christen et al., 1997), verhindert die oxidative Bildung von Mutagenen im Colon (Stone et al., 2004), induziert Apoptose in Krebszellen (Jiang et al., 2004b und c) und reguliert die Expression von Genen und Rezeptoren, die das Krebswachstum beeinflussen (Azzi et al., 2003; Campbell et al., 2003b). Gamma-Tocopherol schützt in Laborstudien auch vor oxidativem Stress, hemmt die Teilung von Prostatakrebszellen und beugt der Tumorgenese vor (Vance et al., 2013). Bei Jiang et al. (2004c) hemmte gamma-Tocopherol, jedoch nicht alpha-Tocopherol die Teilung von Prostata- und Lungenkrebszellen. Bei normalen Prostataepithelzellen bestand diese Wirkung nicht.

Indem Vitamin E die Testosteron-Konzentration in der Zelle reduziert, könnte es auch einen direkten Einfluss auf das Prostatawachstum haben (WCRF, 2007).

Vitamin E gegen Prostatakrebs

Eine Studie von Helzlsouer und Kollegen (2000) mit 10.456 Männern ergab einen Zusammenhang zwischen dem Prostata­krebsrisiko und den Konzentrationen von alpha-Tocopherol, gamma-Tocopherol und Selen im Blutplasma. Männer mit besonders hohem gamma-Tocopherol-Spiegel (höchstes Quintil) hatten ein 81 % geringeres Risiko für Prostatakrebs als Männer mit niedrigem gamma-Tocopherol-Spiegel (niedrigstes Quintil). In der gleichen Studie wirkten Selen und alpha-Tocopherol nur dann protektiv, wenn auch die gamma-Tocopherol-Konzentration hoch war. Die beiden Formen von Vitamin E scheinen daher synergistisch zu wirken und die Kombination aus alpha- und gamma-Tocopherol am wirkungsvollsten zu sein.

Verschiedene Studien belegen den protektiven Effekt von Vitamin-E-haltigen Lebensmitteln vor Prostatakrebs: Bei erhöhter Vitamin-E-Aufnahme war das Prostatakrebsrisiko reduziert. Auch Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin E wirken möglicherweise protektiv (WCRF, 2007). In der ATBC-Studie senkten 50 mg Vitamin E (entspricht etwa 55 I.E.) pro Tag als alpha-Tocopherol die Prostatakrebsinzidenz um 32 % und die Prostatakrebsmortalität um 41 %.

Eine Studie von Wright et al. (2007) ergab, dass Vitamin-E-Supplemente nicht vor Prostatakrebs schützten, jedoch gamma-Tocopherol, das über Nahrungsmittel aufgenommen wurde. Das Quintil mit der höchsten Aufnahme nahm täglich mehr als 18 mg gamma-Tocopherol über die Nahrung zu sich, bei alpha-Tocopherol lag die Aufnahme bei über 9 mg pro Tag. Da über Jahrzehnte praktisch nur alpha-Tocopherol in Nahrungsergänzungsmitteln verwendet wurde, handelt es sich wahrscheinlich bei den verwendeten Supplementen um reine alpha-Tocopherol-Präparate, was die fehlende Wirkung erklären könnte.

In der SELECT-Studie zeigten 400 I.E. Vitamin E nicht mehr die günstigen Effekte, die sich in Studien mit niedrigen Dosierungen um 50 I.E. zeigten (Lippman et al., 2009). Daher wurde die SELECT-Studie vom National Cancer Institute vorzeitig beendet: Einer Zwischenauswertung zufolge schützt Vitamin E und/oder Selen ältere Männer nicht vor einem Prostatakarzinom. Unter der Gabe von Vitamin E war das Risiko von Prostatakarzinomen sogar leicht erhöht und im Selen-Arm der Studie war die Zahl der Diabeteserkrankungen etwas höher. Die SELECT-Studie wurde aufgrund früherer positiver Studienergebnisse zu Vitamin E und Selen in Zusammenhang mit Prostatakrebs in Angriff genommen. Aus unbegreiflichen Gründen wurde die in vier prospektiven Studien bewährte ernährungs­physiologische Vitamin-E-Dosis von 50 I.E. pro Tag, die zu einer Senkung des Auftretens von Prostatakrebs führte, auf 400 I.E. alpha-Tocopherol erhöht. Bereits aus einer früheren Studie war bekannt, dass Dosen über 100 I.E. Vitamin E das Risiko eines aggressiven Prostatakrebses erhöhen.

Eine neue Studie der Harvard Universität ergab wiederum, dass auch höhere Dosierungen von Vitamin E sich nicht negativ auf das Prostatakrebsrisiko auswirken. In der Untersuchung bekamen 14.641 Männer 10 Jahre lang entweder 400 I.E. Vitamin E jeden 2. Tag, 500 mg Vitamin C täglich oder das entsprechende Placebo. Weder die Vitamin-E- noch die Vitamin-C-Supplementierung hatte innerhalb von 14 Jahren einen Einfluss auf die Häufigkeit von Prostatakrebs oder Krebs allgemein (Wang et al., 2014). Allerdings zeigten die durchschnittlich 200 I.E. Vitamin E als alpha-Tocopherol pro Tag auch keine schützende Wirkung hinsichtlich Prostatakrebs

Vitamin E bei Virusinfektionen und COVID-19

Vitamin E – am besten in Form natürlicher Tocopherole – wirkt zwar nicht antiviral, kann aber vor Folgeschäden einer Virusinfektion schützen. Denn diese lösen Entzündungen und damit starken oxidativen Stress aus. Das fettlösliche Vitamin E fängt die freien Radikale ab, weshalb im Fall einer Infektion der Vitamin-E-Bedarf erhöht ist. Dadurch kann es wichtige Organe, wie z. B. Lunge und Leber, vor Schäden schützen (Mileva und Galabov, 2018).

Darüber hinaus schützt Vitamin E vor Blutgerinnseln (Nationale Institute of Health, 2020). Insbesondere gamma-Tocopherol reduziert die Throm­bo­zyten­aggregation und verzögert die arterielle Thrombusbildung. Gamma-Tocopherol hat zudem einen positiven Einfluss auf die Bildung von bioaktivem NO (Stickstoffmonoxid) und erweitert so die Blutgefäße (Singh et al., 2007). Der Körper benötigt Vitamin E auch zur Stärkung seines Immunsystems, damit es eindringende Bakterien und Viren abwehren kann.

Vitamin E in Lebensmitteln

Gute Quellen für Vitamin E sind Nüsse, Samen und Pflanzenöle sowie Vollkorngetreide und Gemüse. In den USA macht gamma-Tocopherol den Hauptanteil an der Vitamin-E-Aufnahme der Bevölkerung aus, in Europa wird dagegen mehr alpha-Tocopherol über die Nahrung aufgenommen (Wagner et al., 2004). Besonders reich an gamma-Tocopherol sind Sesamsamen (28 mg/100 g), Walnüsse (20,8 mg/100 g), Leinsamen (20,0 mg/100 g), Kürbiskerne (19 mg/ 100 g), Sojaöl (64 mg/100 g), Paprika (7,6 mg/100 g), Vollkorn-Buchweizen (7,1 mg/100 g), Quinoa (4,6 mg/100 g) und Erbsen (2,5 mg/100 g), aber auch Himbeeren (1,4 mg/100 g) und Brombeeren (1,3 mg/100 g) (USDA, 2014). Eine erhöhte Zufuhr an gamma-Tocopherol lässt sich am besten über eine ausgewogene pflanzliche Ernährung erreichen. Bei Bedarf kann ein Nahrungsergänzungsmittel mit gamma-Tocopherol-Anteil sinnvoll sein.

Nahrungsergänzung mit Vitamin E

In Lebensmitteln ist Vitamin E in einem Gemisch aus verschiedenen Tocopherolen und Tocotrienolen enthalten. Die meisten Nahrungsergänzungsmittel enthalten jedoch nur alpha-Tocopherol. Klinische Studien mit alpha-Tocopherol sind nicht eindeutig und zeigen keine übereinstimmenden Ergebnisse, weshalb sie die Effektivität von Vitamin-E-Supplementen in Frage stellen. In nahezu allen klinischen Studien enthalten die Vitamin-E-Präparate jedoch ausschließlich alpha-Tocopherol. Dabei scheint das Zusammenspiel der verschiedenen Vitamin-E-Formen für die gesundheitsförderlichen Wirkungen sehr wichtig zu sein. Insbesondere gamma-Tocopherol bzw. die Kombination von alpha- mit gamma-Tocopherol zeigte sich in verschiedenen Studien deutlich wirksamer als alpha-Tocopherol alleine.

Einseitige, hochdosierte Supplementierungen von alpha-Tocopherol reduzierten in Studien die gamma-Tocopherol-Spiegel, was die Vorteile von alpha-Tocopherol möglicherweise mehr als neutralisiert (Huang und Appel, 2003; Handelman et al., 1985). Der Mangel an anderen Vitamin-E-Formen, insbesondere gamma-Tocopherol, kann daher erklären, warum viele Studien keine Wirksamkeit von Vitamin E nachweisen konnten. Denn sowohl alpha-Tocopherol als auch gamma-Tocopherol haben zwar präventive Eigenschaften, doch besonders effektiv ist vermutlich die Kombination, welche eine synergistische Wirkung ermöglicht. Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin E sollten daher sowohl alpha-Tocopherol als auch gamma-Tocopherol in einem natürlichen Verhältnis enthalten.

Eine große Metaanalyse zeigt übrigens, dass auch die Supplementierung mit isolierten Antioxidantien wie beta-Carotin, Vitamin A und/oder Vitamin E in verschiedenen Dosierungen nicht die Mortalität erhöht, wie das manchmal suggeriert wird. Biesalski et al. (2010) zeigten, dass von 66 analysierten Studien 24 Studien positive Effekte, 39 Studien keine Effekte und nur 3 Studien negative Effekte verzeichneten. Die Autoren folgern: Die potentiellen Risiken von supplementierten Antioxidantien sollten im Kontext des Nutzen-Risiko-Verhältnisses gesehen werden. Weder die Vermarktung sinnloser Nahrungsergänzungsmittel noch Panikmache, die zeitweise gezielt durch die Medien flutet, nützen dem Verbraucher, sondern nur der differenzierte Einsatz und die differenzierte Aufklärung – beides ist selten.

Wie sollte Vitamin E dosiert werden?

Die Zufuhrempfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung liegt bei 11-15 mg alpha-TE Vitamin E pro Tag. Der UL der EFSA für Erwachsene beträgt 300 mg alpha-TE Vitamin E pro Tag. Empfehlenswert sind als präventive Dosis sind bis zu 50 I.E.Vitamin E pro Tag. Wichtig ist dabei die Kombination von alpha- und gamma-Tocopherol.

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2 Antworten

  1. Sehr geehrter Herr Maurer,

    wir empfehlen die Vitamin-E-Aufnahme vorrangig über die Ernährung zu erhöhen, z.B. über Nüsse, Samen und Pflanzenöle, die neben Vitamin E noch weitere gesunde Inhaltsstoffe enthalten. Sollte eine Ergänzung erwünscht sein, bietet sich eine gute Mischung natürlicher Tocopherole an. Empfehlenswert ist ein Anteil von ca. 50 % gamma-Tocopherol. Ein mit der pflanzlichen Vitamin-E-Familie sowie DHA + EPA angereichertes Olivenöl lässt sich beispielsweise einfach in die tägliche Ernährung integrieren.

    Viele Grüße und alles Gute für Sie,
    Ihre Redaktion Dr. Jacobs Weg

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