Durch den Fortschritt der Medizin und Hygiene wurde in den westlichen Ländern die Geisel der Infektionskrankheiten gebannt, doch durch die Plage der Zivilisationskrankheiten er­setzt: Die Gesamtlebensdauer hat sich zwar deutlich verlängert, aber die Deutschen können laut einer Studie in Lancet ab dem 50. Lebensjahr statistisch nur noch mit 13,5 gesunden Lebensjahren (healthy live years) rechnen. Die Chinesen erreichen mit einem winzigen Bruch­teil der deutschen Gesundheitsausgaben eine fast identische durch­schnittliche Erwar­tung an gesunden Lebensjahren, nämlich 62,3 Jahre. Im Jahr 2000 errechnete die World Health Organisation (WHO) für Japan die meisten beschwerdefreien Lebensjahre: 74,5 Jahre. Die zunehmende Verwestlichung in China und Japan führt jedoch inzwischen zu ei­ner enormen Zunahme von Übergewicht, Stoffwechsel-, Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankun­gen.

Der extreme Anstieg des Verzehrs von tierischen Lebensmitteln, Fett, Weißmehl und Zucker sowie Bewegungsarmut entsprechen nicht der natürlichen Ernährung und Lebensweise des Menschen und stehen im kausalen und epidemiologischen Zusammenhang mit der Explo­sion der Zivilisationserkrankungen. Diese treten unabhängig vom Kulturkreis auf, wo immer sich der Lebensstil derart verändert.

Können wir die Vorzüge der Moderne mit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen so kombinieren, dass wir dem Leben nicht nur mehr Jahre, sondern den Jahren auch mehr aktives Leben geben?

Die Meinungen darüber, wie eine gesunde Ernährung aussieht, sind kontrovers und sogar konträr. Bei genauer Betrachtung stimmen meist nur Teile dieser von Modeströmungen gepräg­ten „Ernährungslehren“, die zumeist einen pseudowissenschaftlichen Unterbau aufwei­sen. Durch gutes Marketing und häufige Wiederholung werden aus Halbwahrheiten dann Glaubensgebäude und absolute Wahrheiten. Im Lauf der Arbeit an diesem Buch setzte ich mich erneut mit den biochemischen, epidemiologischen und klinischen Grundlagen der menschlichen Ernährung auseinander. Dabei stellte ich fest, wie sehr ich selbst unbewusst von diesen Strömungen in meinem Ernährungsmuster beeinflusst war. Nach und nach warf ich den einen oder anderen Glaubenssatz über Bord.

Der Sinn dieses Buches ist es, einen Beitrag zur Verbesserung der allgemeinen Gesundheit zu leisten, indem es wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse in eine gesundheitsförderliche Ernährungsweise übersetzt und so für jeden anwendbar macht. Dadurch sollen „typische Ernährungsfehler“ der modernen Gesellschaft ausgeglichen, Zivilisationserkrankungen vorge­beugt sowie die Anzahl der gesunden Lebensjahre gesteigert werden.

Die erste „Bürgerpflicht“ in einer Konsumgesellschaft ist der Verbrauch. Daher werden wir auch als „Verbraucher“ bezeichnet. Auch für den Stoffwechsel und unsere Ernährungsweise gilt: Wer viel verbraucht, ist früh verbraucht. Kalorienrestriktion ist bekanntlich die wirkungs­vollste, aber hierzulande auch unbeliebteste Maßnahme, oxidativen Stress und vorzeitiges Altern zu vermeiden. Im Tierversuch fast genauso wirkungsvoll und für den Men­schen angenehmer durchzuführen ist die Restriktion von Methionin, der essentiellen Aminosäure, die in Kuhmilch etwa viermal mehr vorkommt als in menschlicher Muttermilch. Generell enthält Tierprotein ein Drittel mehr Methionin als Pflanzenprotein. Pflanzenprotein entspricht damit viel mehr dem menschlichen Bedarf als Tierprotein. Doch auch wenn der Verzicht auf tierische Lebensmittel schwer fällt, könnte er sich lohnen. Denn gesellschaftlich und individuell zahlen wir einen sehr hohen Preis für unsere westliche Lebensweise, da der übermäßige, oft achtlose Genuss tierischer Lebensmittel den Nährboden unserer Zivili­sations­­krankheiten bildet.

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