Metabolisches Syndrom und Fettleber als Folgen der Insulinresistenz

Das metabolische Syndrom und die nichtalkoholische Fettlebererkrankung bilden die Früh­symptomatik unserer Zivilisationserkrankungen, in deren Kern Überernährung, Beweg­ungs­mangel, Insulinresistenz und Hyperinsulinämie pathogenetisch wirken. Das viszerale und intrahepatische Fett muss dabei nicht allzu viel sein, um eine Insulinresistenz und Hyper­insulinämie zu bewirken. Sogar Schlanke können dank der modernen Lebens­weise immer häufiger eine nicht-alkoholbedingte Fettleber (NAFLD) entwickeln. Mit einer Präva­lenz von fast 50 % in den USA (Williams et al., 2011) wird hierzulande die metabolische Bedeut­ung der NAFLD, die immer mit einer Insulinresistenz einhergeht, noch massiv unterschätzt.

Die Insulinresistenz führt dazu, dass zwar die Körperzellen gegenüber der den Blut­zucker ­regulierenden Insulinwirkung resistent werden, jedoch die kompensatorische Hyper­insulin­ämie die anderen Insulinwirkungen noch verstärkt: Insulin wirkt stark anabol und fördert damit nicht nur Fettstoffwechselstörungen, Adipositas und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sondern auch die Krebsentstehung. Insulin erhöht die Cholesterinsynthese, den Sym­pathiko­tonus (Puls- und Blutdruckerhöhung) und den Tryptophanspiegel im Gehirn, was die Synthese von Serotonin und Melatonin fördern kann. Auch der direkte Einfluss von Insulin auf das dopaminerge Belohnungs- und damit auch Suchtsystem des Gehirns ist inzwischen nachgewiesen. Doch jedes Glück hat seinen Preis. Die Prinzipien jeder Sucht­er­krank­ung gelten auch hier. Eine künstliche Erhöhung der Pegel führt zur Downregulation oder Resistenzbildung der Rezeptoren. Die Dosis muss steigen, um den gleichen Effekt zur erreichen. Das Motto der heutigen Ernährungsweise würde Hippokrates wohl so bezeich­nen: „Eure Suchtmittel sind Eure Lebensmittel.“

Die Sucht nach anabolen, sympathikomimetischen, serotonergen Insulinwirkungen

Sie äußert sich insbesondere in einer starken Präferenz von Lebensmitteln, die eine besonders schnelle, starke und hohe Insulinfreisetzung bewirken. Jedes Absinken des Blut­zuckers und Insulinpegels wird durch insulinogenes Naschen oder den Genuss zucker­haltiger Getränke beseitigt. Der Verlust der Ruhephasen für den Stoffwechsel verstärkt die Insulinresistenz, die Entwicklung des metabolischen Syndroms und der Fettleber. Besonders insulinogen wirkt laut Insulin-Index die Kombination von schnell verfügbaren Kohlen­hydraten (Zucker/Weißmehl) mit Tiereiweiß: wie z. B.  Steak mit Kartoffeln, Schnitzel mit Pommes, Milchshakes, Wurst- und Käsebrötchen, Hamburger und anderes Fast Food aber auch Gummibärchen, Milchschokolade, Früchtejoghurt, Pizza, Cornflakes in Milch, Müsli mit Zucker oder Rosinen in Milch, gesüßter Cappuccino und Latte Macchiato. Aufgrund der hohen Suchtpotenz der Insulinwirkung wundert es nicht, dass es sich hierbei um die beliebtesten Mahlzeiten handelt. Auch Milch und Steaks allein führen zu einer überraschend hohen Insulinausschüttung.

Auch erhöhte Cortisolspiegel, die unter anderem durch Dauerstress und eine latente metabolische Azidose verursacht werden, wirken sich auf den Glukosestoffwechsel aus. So fördert ein Überangebot an Cortisol (Hypercortisolismus) eine vermehrte Glukose­neubildung, steigert die Cholesterinsynthese in der Leber und führt zu einer Hyper­in­sulin­ämie. Diese Stoffwechseleffekte bewirken eine vermehrte Einlagerung von Fett im abdo­min­alen Bereich und eine Insulinresistenz der Zellen. Auch andere Symptome des meta­bolischen Syndroms (z. B. arterielle Hypertonie) werden mit Hypercortisolismus in Ver­bind­ung gebracht.

Diese Zusammenhänge erklären, warum eine Ernährungsumstellung bei einer Hyper­insulin­ämie und die damit verbundene Gewichtsreduktion zwar unser gesundes Leben enorm verlängern, aber in der Anfangsphase ein ähnlich schweres Unterfangen wie der Entzug bei einer Suchterkrankung sind. Detailliert hat Neal Barnard, Präsident der US- ameri­kanischen Ärztegesellschaft (Ärzte für eine verantwortungsvolle Medizin) die Zu­sam­menhänge in seinem Buch „Breaking the Food Seduction“ thematisiert. Dies ist auch ein Grund, warum uns das Maßhalten heute so schwer fällt und wir uns trotz der Möglich­keit einer gesunden Ernährung überwiegend ungesund ernähren. Außer wir ent­scheiden uns ganz bewusst für eine gesunde Lebensweise. Die Omnipräsenz von ungesunden Lebens­­mitteln mit Suchtpotential macht es uns nicht gerade leicht. Wer sich jedoch auf die Ent­deckungsreise einer kompletten Lebensstilumstellung begibt, wird mit einem enormen Zugewinn an Vitalität, Lebensqualität, Schönheit, Wohlgefühl, Gesund­heit und höchstwahrscheinlich auch Lebensjahren belohnt.