Folgen proteinreicher Ernährung – Eiweißspeicherkrankheit (nach Lothar Wendt)

Die Eiweißspeicherkrankheit (nach Lothar Wendt)

Im Gegensatz zu Kohlenhydraten, die im Blut letztlich als Glukose auftreten, liegen Eiweiße in einer Vielzahl von Verbindungen vor und werden vor allem intrazellulär und intraerythrozytär (in die roten Blutkörperchen) transportiert. Die Wissenschaft hat sich bisher wenig mit den negativen Wirkungen einer hohen Proteinzufuhr beschäftigt.

Während Frauen nicht selten eine zu geringe Proteinzufuhr haben, entwickeln Männer häufig eine Eiweißspeicherkrankheiten, die sich in Form von Hypertonie und/oder dem Metabolischen Syndrom äußert.

Das Konzept der Eiweißspeicherkrankheiten wurde von Prof. Dr. med. Lothar Wendt in den 1940er Jahren entwickelt, als das Problem der Proteinmast nur bei wenigen Bevölkerungsgruppen überhaupt auftrat. In der Schulmedizin ist sein Konzept immer noch nicht beachtet, aber auch nicht widerlegt. Schlacken und Verschlackungsphänomene existieren in der Schulmedizin bekanntlich nicht bzw. nur unter anderen Namen wie Amyloid-Plaques, AGEs (advanced glycation end products) oder arteriosklerotische Plaques. Wie wir heute wissen, werden AGEs eben nicht nur im Körper gebildet, sondern auch über gebratene, frittierte und gegrillte tierische Lebensmittel in ganz erheblichem Maße über den Verdauungstrakt resorbiert.

Warum hilft Eiweißfasten bei Hypertonie und Typ-2-Diabetes?

Wendt widmete sich dieser Frage und ging dabei von einer teleologischen Sichtweise aus, d. h. als geschieht au seinem bestimmten Grund:

  • Als eigentliche Krankheitsursache sieht er beim Typ-2-Diabetiker und beim Hypertoniker eine verminderte Permeabilität der verdickten Kapillarbasalmembran.

Die Erhöhung des Blutzuckers (Erhöhung des Konzentrationsgradienten) und des Blutdrucks erfolgt kompensatorisch mit dem Ziel, die Zellen trotz verdickter Kapillarwand mit Nährstoffen und Sauerstoff zu versorgen. Sein therapeutischer Ansatz war nicht die Senkung der erhöhten Blutzuckerspiegel oder des Blutdrucks, sondern der Abbau der verdickten Basalmembran durch Eiweißfasten. Sein indirekter kausaler Ansatz funktionierte.

  • Die Eiweißspeicherkrankheit entsteht, wenn bei einer Proteinüberversorgung der Harnstoffzyklus überfordert ist und Proteine nicht ausreichend abgebaut und ausgeschieden werden können.

Allerdings ist die Leistungsfähigkeit der Menschen bzw. ihrer Enzyme bezüglich der Harnstoffsynthese recht unterschiedlich. Wenn die Eiweißzufuhr eines Menschen das Maximum der Enzymtätigkeit seines Harnstoffzyklus überschreitet und die zugeführten Proteine nicht verbraucht werden, verbleiben Eiweißreste im Interstitium (Zellzwischengewebe) und es entsteht ein eiweißreiches Bindegewebs-Ödem.

Als Folge werden die Bindegewebszellen zur Speicherung angeregt und es entsteht eine Verdickung des Kollagengeflechtes, der Basalmembran und der Gefäßwände. Glutamin wird zu diesem Zweck zu Prolin umgebaut. Ein erhöhter Hämatokrit ist nach Wendt das erste Warnzeichen. Werte zwischen 35 und 42 % gelten als optimal, die gegenwärtige Norm von 40-54 % ist nach Wendt bereits pathologisch und Folge der westlichen Proteinmast. Bei kontinuierlicher Proteinmast verdicken im Laufe der Jahre schließlich auch die größeren Gefäße bis hin zur manifesten Arteriosklerose der großen Arterien.

Die bei Überlastung erfolgende Proteinspeicherung kann nach Wendt zu Störungen wie erhöhtem Hämatokrit und gesteigerter Gerinnungsneigung des Blutes sowie zu Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Herzinfarkten, Schlaganfällen, Rheuma, Gicht, Nierenentzündungen und Diabetes mellitus Typ 2 führen.

Tatsächlich weisen heutige Studien bei Diabetikern eine verdickte Basalmembran nach. Zudem ist die nicht-alkoholische Fettleber die Hauptursache der Insulinresistenz, die über eine Hyperinsulinämie schließlich zum nicht-insulinabhängigen Diabetes mellitus führt, sobald eine Pankreasinsuffizienz einsetzt.

Auch Veränderungen in der extrazellulären Matrix und funktionelle Defizite an Proteinen sind bei Diabetikern belegt. Dafür macht man heute vor allem die nicht-enzymatische Glykierung der Proteine durch den erhöhten Glukosespiegel verantwortlich, die zur Bildung von sogenannten Advanced glycation end-products (AGEs) führt. Für die diabetesbedingten Hauterkrankungen spielen u. a. eine Verdickung der Basalmembran und eine veränderte Elastizität der Gefäßwände eine Rolle.

Auch wenn die Pathogenese von Diabetes und Hypertonie wohl nicht so unikausal ablaufen wie von Wendt angenommen, hat er wahrscheinlich einen zentralen Baustein entdeckt, der heute weitgehend ignoriert wird. Sein Konzept des Eiweißfastens erbrachte in der Praxis große therapeutische Erfolge. Vor allem tierisches Protein führt laut Wendt zu Proteinablagerungen.

Wendts Ansatz wird durch die EPIC-Studie (Sluijs et al., 2010) bestätigt: In einem Follow-up von 10 Jahren führte der regelmäßige Verzehr von tierischem Protein zu einem 118 % höheren Risiko einer Diabeteserkrankung.

Kommt es im Rahmen einer Infektion zu einer starken Produktion von Antigenen (z. B. in Form von Viren oder Bakterien), die bei einer Proteinüberversorgung nicht ausreichend schnell abgebaut werden können, lagern sich diese auf der Basalmembran ab. Die Folge sind Autoimmunerkrankungen, bei denen diese Antigen-Ablagerungen zu permanenten Antigen-Antikörper-Reaktionen führen – und je nach Ort der Ablagerung zu einer Glomerulonephritis, Vaskulitis oder Arthritis.

Die kausale Therapie sind Plasmapherese, Aderlässe und Eiweißfasten. Wenn man bedenkt, dass Wendts Ansatz aus dem Jahr 1948 stammt, einer Zeit, in der die Pathogenese von Autoimmunerkrankungen noch unbekannt war, offenbart sich die Genialität seines Ansatzes. Fundierte weitere Informationen: www.prof-wendt.de.

Die Folgen der Eiweißspeicherkrankheit kurz zusammengefasst:

  • Gewichtszunahme
  • Blutverdickung
  • Bindegewebsverdickung und -verdichtung
  • Verdickung der Basalmembran
  • Erhöhung von kardiovaskulären Risikofaktoren
  • Verdickung der Arterien-Intima
  • Arteriosklerose, Herzinfarkt, Schlaganfall

 

Inzwischen rücken Arterienversteifung, die Rolle der extrazellulären Matrix und Veränderungen in der Proteinzusammensetzung der Gefäße immer mehr ins Zentrum der Forschung (Briones et al., 2010).

Die extrazelluläre Matrix eines Blutgefäßes ist ein aus Kollagenen, Elastin, Glykoproteinen und Proteoglykanen zusammengesetztes Gewebe. Die Quantität sowie die Qualität ihrer Zusammensetzung beeinflussen maßgeblich die Starrheit der Gefäße, die sie umschließt (Briones et al., 2010). Wenn durch Krankheit oder im Alter die viskosen Bestandteile der Gefäßwand reduziert werden, wird das Elastin zunehmend durch Kollagen ersetzt und die Gefäße versteifen (Hodis und Zamir, 2009).

Bei der Kollagensynthese ist Glutamin (die häufigste Aminosäure in Proteinen) der Hauptbaustein, da aus Glutamin letztlich Prolin gebildet wird, die Haupt-Aminosäure des Prokollagenmoleküls. Aus Prokollagen werden Kollagenmonomere, die schließlich auf der Basalmembran der Kapillare abgeschieden werden oder durch Helixbildung kollagene Fasern bilden. Übermäßige Kollagenablagerungen führen zu einer Gefäßversteifung und haben Bluthochdruck zur Folge. Dies konnte sowohl in Patienten mit primärer Hypertonie als auch in einem Hypertonie-Tiermodell nachgewiesen werden (Briones et al., 2006 und 2009; Gómez-Garre et al., 2006; Intengan et al., 1999; Rizzoni et al., 2006; Rupérez et al., 2007). Eine Arterienversteifung kann auch als Risikofaktor für kardiovaskuläre Ereignisse herangezogen werden (Briones et al., 2010).

Während also ein hochnormaler Blutdruck noch gut durch eine Ernährungsumstellung auf eine kaliumreiche, salzarme Ernährung normalisiert werden kann, ist bei einem länger bestehenden Hypertonus aufgrund der strukturellen Veränderungen der Gefäße ein Eiweißfasten angezeigt.

Kaum beachtet wird, dass die bedeutendste zelluläre Ionenpumpe, die Natrium-Kalium-Pumpe, anstelle von Kalium auch Ammonium pumpen kann:

  • Die Entgiftung des beim Proteinabbau entstandenen Ammoniums folgt dem Ammoniummechanismus: Das Ammoniumion (NH4+) steht physiologisch im Gleichgewicht mit Ammoniak (NH3). Bei azidotischer Stoffwechsellage liegt es jedoch fast ausschließlich als Ammonium vor.
  • Dies kann bei der heutigen salzreichen, kaliumarmen, proteinreichen Ernährung eine intrazelluläre „Eiweißspeicherkrankheit“ verursachen. Ohnehin findet der Großteil des Stoffwechsels und der Speicherung von Aminosäuren intrazellulär statt – unbemerkt von der klinischen Aufmerksamkeit von Medizinern.

Proteinmast und Verschlackungsphänomene

Eine übermäßige Eiweißzufuhr führt zur Bildung von Eiweiß-Mineralstoff-Komplexen aus negativ geladenen Aminosäuren bzw. Peptiden und positiv geladenen Mineralstoffen. Diese Komplexe lagern sich bevorzugt im Interstitium ab und tragen dort zu Verschlackungsprozessen bei. Der Abtransport von Schlacken und Giftstoffen wird ebenso wie die Zufuhr von Nährstoffen verlangsamt, Degenerationsprozesse dagegen werden beschleunigt (Rau, 2011).

Einen ähnlichen Effekt übt ein Zuviel an Eiweiß auf die Erythrozyten aus. Erythrozyten sind an ihrer Oberfläche positiv geladen und stoßen sich gegenseitig ab. Negativ geladene Aminosäuren bzw. Peptide im Blut gehen eine Verbindung mit den Erythrozyten ein. Dies führt zu einer Bildung von Erythrozyten-Ketten, die wie Geldrollen aussehen (s. Abb. 1).

Abb. 1: Geldrollenbildung von Erythrozyten aufgrund der Neutralisierung ihrer positiven Oberflächenladung durch negativ geladene Aminosäuren bzw. Peptide (adaptiert nach Rau, 2011)

Während die freien Erythrozyten ungehindert Sauerstoff aufnehmen und transportieren können, sind sie dazu aufgrund der reduzierten freien Oberfläche im zusammengelagerten Zustand nur noch eingeschränkt in der Lage (Rau, 2011). Da Sauerstoff unser wichtigster Energielieferant ist, ist dieses Phänomen von zentraler Bedeutung.

Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang eine Studie (Fleming, 2000), die bei Patienten eine ausgeprägte Verschlechterung der Myokarddurchblutung durch eine proteinreiche Diät nachwies. Ursache dafür waren erhöhte Fettablagerungen sowie eine Hochregulation von Entzündungs- und Gerinnungssignalwegen. Fibrinogen, Lipoprotein(a) und das C-reaktive Protein stiegen um durchschnittlich 14 %, 106 % bzw. 61 %. Die koronare Herzkrankheit schritt in Schwere und Ausprägung in der Gruppe mit proteinreicher Ernährung in nur einem Jahr insgesamt um 39,7 % voran, während sich bei der Kontrollgruppe mit gleicher Medikation 44 % des Herzmuskels regenerierten, wie anhand von Myokardszintigraphie und Herz-ECHO nachgewiesen werden konnte.

Ein hoher Fleischkonsum hat noch weitere negative Auswirkungen auf unsere Gesundheit, die aus dem Abbau der darin enthaltenen Substanzen herrühren:

  • Aus dem Abbau der im Fleisch in großen Mengen vorhandenen DNA entsteht Harnsäure. Fällt diese in großen Mengen an, lagern sich Harnsäurekristalle im Gewebe ein, was einen akuten Gichtanfall auslösen kann.
  • Die bereits beschriebene Komplexbildung aus Aminosäuren und Mineralstoffen führt über einen längeren Zeitraum zu einem Mineralstoffmangel in Knochen und Knorpeln. Außerdem können Kalkeinlagerungen in weichen Geweben beobachtet werden.
  • Eine Substanz, die ausschließlich in tierischen Lebensmitteln vorkommt, ist die Arachidonsäure. Diese wird im Körper zu den sogenannten Prostaglandinen verstoffwechselt. Prostaglandine, die aus der Arachidonsäure gebildet werden, haben eine entzündungsfördernde Wirkung.
 
Nachfolgend sind typische Erkrankungen aufgeführt, die durch eine zu hohe Aufnahme von insbesondere tierischem Protein auftreten können (Rau, 2011):

Herz-Kreislauf-System: Koronare Herzkrankheit/Angina pectoris, Hypertonie, Kardiomyopathie, periphere arterielle Verschlusskrankheit/Claudicatio intermittens, Tinnitus (meist auch toxisch mitbedingt), Koagulationsstörungen

Haut: Lymphödeme, Ekzemneigung, Neurodermitis, Ulcera cruris, venöse Insuffizienz, Keloide/schlechte Wundheilung

Gelenke und Bewegungsapparat: Arthritis und Gicht, Fibromyalgien, Muskelschmerzen, Gelenkschmerzen, Osteoporose, vorzeitige Arthrosen, lumbovertebrales und cervicobrachiales Syndrom

Bauchorgane: Colitis/Divertikulitis, Magenübersäuerung, Reflux von Säure in die Speiseröhre, Gallestörungen/Gallensteine, Pankreasinsuffizienz, Diabetes mellitus Typ 2

Urogenitaltrakt: Nierenschwäche, Myome (langfristig)/Hypermenorrhö, rezidivierende Nieren-Blasen-Infektionen, Prostatitis/Prostatavergrößerungen

Sonstige und allgemeine Symptome: chronische Müdigkeit, Adipositas, Infektanfälligkeit, chronische Bronchitis, verminderte Heilungstendenz, erhöhte Degenerationstendenz, Alterung, Empfindlichkeit auf toxische Belastungen, Katarakt

Literatur:

  • Briones AM, Arribas SM, Salaices M (2010): Role of extracellular matrix in vascular remodeling of hypertension. Curr Opin Nephrol Hypertens; 19(2): 187-194.
  • Briones AM, Rodríguez-Criado N, Hernanz R, García-Redondo AB, Rodrigues-Díez RR, Alonso MJ, Egido J, Ruiz-Ortega M, Salaices M (2009): Atorvastatin prevents angiotensin II-induced vascular remodeling and oxidative stress. Hypertension; 54(1): 142–149.
  • Briones AM, Xavier FE, Arribas SM, González MC, Rossoni LV, Alonso MJ, Salaices M (2006): Alterations in structure and mechanics of resistance arteries from ouabain-induced hypertensive rats. Am J Physiol Heart Circ Physiol; 291(1): H193–H201.
  • Fleming RM (2000): The effect of high-protein diets on coronary blood flow. Angiology; 51(10): 817-826.
  • Gómez-Garre D, Martín-Ventura JL, Granados R, Sancho T, Torres R, Ruano M, García-Puig J, Egido J (2006): Losartan improves resistance artery lesions and prevents CTGF and TGF-beta production in mild hypertensive patients. Kidney Int; 69(7): 1237–1244.
  • Intengan HD, Deng LY, Li JS, Schiffrin EL (1999): Mechanics and composition of human subcutaneous resistance arteries in essential hypertension. Hypertension; 33(1 Pt 2): 569–574.
  • Rau T (2011): Biologische Medizin. Die Zukunft des natürlichen Heilens. Fona Verlag AG, Lenzburg.
  • Rizzoni D, Paiardi S, Rodella L, Porteri E, De Ciuceis C, Rezzani R, Boari GE, Zani F, Miclini M, Tiberio GA, Giulini SM, Rosei CA, Bianchi R, Rosei EA (2006): Changes in extracellular matrix in subcutaneous small resistance arteries of patients with primary aldosteronism. J Clin Endocrinol Metab; 91(7): 2638–2642.
  • Rupérez M, Rodrigues-Díez R, Blanco-Colio LM, Sánchez-López E, Rodríguez-Vita J, Esteban V, Carvajal G, Plaza JJ, Egido J, Ruiz-Ortega M (2007): HMG-CoA reductase inhibitors decrease angiotensin II-induced vascular fibrosis: role of RhoA/ROCK and MAPK pathways. Hypertension; 50(2): 377–383.
  • Sluijs I, Beulens JW, van der A DL, Spijkerman AM, Grobbee DE, van der Schouw YT (2010): Dietary intake of total, animal, and vegetable protein and risk of type 2 diabetes in the European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC)-NL study. Diabetes Care; 33(1): 43–48.

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