Alzheimer ist eine zermürbende und unumkehrbare Krankheit. Doch regelmäßige neue Forschungsergebnisse machen Hoffnung. Möglicherweise kann das Fortschreiten der Erkrankung deutlich verzögert werden, wenn in einem frühen Stadium bestimmte nutritive Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
Langkettige Omega-3-Fettsäuren verbessern kognitive Fähigkeiten
Alzheimer-Patienten haben im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung niedrigere DHA- und EPA-Spiegel im Blut. Dies verleitet zu der Annahme, dass die langkettigen Omega-3-Fettsäuren bei der Krankheitsentwicklung eine Rolle spielen. Könnte eine Verbesserung der Blutwerte einen positiven Einfluss auf die Krankheit haben? Tatsächlich belegt eine doppelblinde, randomisierte Interventionsstudie, dass eine Nahrungsergänzung mit DHA und EPA einen positiven Effekt auf die Omega-3-Blutwerte (Omega-3-Index) und die Gehirnfunktion bei gesunden älteren Erwachsenen hat:
Die Studie von Witte et al. (2014) untersuchte den Einfluss einer Nahrungsergänzung mit langkettigen Omega-3-Fettsäuren auf die kognitiven Fähigkeiten von gesunden älteren Personen (50-75 Jahre). 65 Probanden nahmen ein halbes Jahr lang täglich entweder 2,2 g der essentiellen Fettsäuren oder ein Placebo. In der Interventionsgruppe konnte eine signifikante Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten festgestellt werden. Diese korrelierte positiv mit dem Omega-3-Index.
Ausreichende Blutspiegel an EPA und DHA sind bei einem Omega-3-Index von 4,4 % vorhanden. Sowohl Veganer als auch Omnivore weisen häufig niedrigere Werte auf. In der Studie von Sarter et al. (2014) lag der Omega-3-Index von Veganern bei durchschnittlich lediglich 3,7 %. Omnivore Teilnehmer einer anderen Studie wiesen mit einem durchschnittlichen Omega-3-Index von 3,5 % ähnliche Werte auf (Johnston et al., 2013). Ein Teil der veganen Probanden bei Sarter et al. nahm über vier Monate ein vegetarisches Omega-3-Nahrungsergänzungsmittel mit 254 mg EPA+DHA pro Tag ein. Der Omega-3-Index konnte hierdurch von durchschnittlich 3,1 % auf 4,8 % gesteigert werden. Die Einnahme des relativ niedrig dosierten Nahrungsergänzungsmittels zeigte sich also bereits wirksam zum Erreichen eines gesunden Omega-3-Index.
B-Vitamine können vor Gehirnatrophie schützen
Die sogenannte VITACOG-Studie aus dem Jahr 2015 zeigt, dass die Supplementierung von Folsäure, Vitamin B6 und Vitamin B12 das Fortschreiten einer Gehirnatrophie – die insbesondere für Alzheimer kennzeichnend ist – deutlich verzögert. Allerdings unter bestimmten Voraussetzungen.
Im Rahmen der Studie untersuchten Jernerén und Mitarbeiter (2015) an 168 Patienten mit milder kognitiver Beeinträchtigung den Effekt einer täglichen Einnahme der B-Vitamine Folsäure (0,8 mg), Vitamin B6 (20 mg) und Vitamin B12 (0,5 mg) auf die Entwicklung der Krankheit. 85 Patienten erhielten über einen Zeitraum von zwei Jahren die hochdosierten Vitamine, 83 Patienten ein Placebo. Zu Beginn und zum Ende der Studie wurden die vorhandenen Omega-3-Fettsäurespiegel (EPA, DHA) im Plasma untersucht sowie ein MRI-Scan des Kopfes durchgeführt.
Durch die Behandlung mit den B-Vitaminen wurde die mittlere Atrophierate des Gehirns im Vergleich zur Placebo-Gruppe deutlich verlangsamt. Dies war jedoch nur dann der Fall, wenn die Patienten im Serum Omega-3-Fettsäurewerte von mehr als 390 µmol/l EPA + DHA (ca. 123 mg/l) aufwiesen. Bei über 590 µmol/l EPA + DHA (ca. 186 mg/l) war die Gehirnatrophierate um 40 % niedriger als in der Placebogruppe.
Homocystein-Wert im Blick behalten
Ebenso war in der VITACOG-Studie ein leicht erhöhter Homocystein-Wert (≥ 11,3 µmol/l) Voraussetzung für einen Behandlungseffekt der B-Vitamine. Homocystein ist ein bekannter zentraler Risikofaktor für die Entwicklung von kognitiver Beeinträchtigung, Demenz und Alzheimer. Hohe Homocystein-Spiegel im Plasma gehen mit einer schnelleren Atrophierate des Gehirns einher.
Für den Abbau von Homocystein werden die in der Studie eingesetzten B-Vitamine (Folsäure, Vitamin B6, Vitamin B12) benötigt. Ein Mangel dieser Vitamine, insbesondere an Folsäure und Vitamin B12, kann daher einen erhöhten Homocystein-Spiegel verursachen. Ein leicht erhöhter Homocystein-Wert ist weit verbreitet und betrifft bis zu 50 % aller älteren Personen. In der VITACOG-Studie lag der durchschnittliche Homocystein-Wert aller Probanden zu Studienbeginn bei 11,3 µmol/l.
B-Vitamine mit langkettigen Omega-3-Fettsäuren kombinieren
Was bedeuten diese Ergebnisse für die Praxis? Eine ausreichende Versorgung mit B-Vitaminen ist für die kognitive Gesundheit von besonderer Bedeutung. Noch wichtiger scheint in diesem Zusammenhang jedoch eine ausreichende Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren zu sein. Die Kombination ist besonders vielversprechend.
Jedoch ist ein Mangel an B-Vitaminen in der Bevölkerung nicht selten. Während Vegetarier, Veganer und ältere Omnivore häufig einen Vitamin-B12-Mangel aufweisen, ist der Rest der Bevölkerung meist mit Folsäure unterversorgt, welche vorwiegend in Hülsenfrüchten und dunkelgrünem Blattgemüse vorkommt.
Auch die Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren lässt zu wünschen übrig, wie nicht nur die Studie von Sarter et al. (2014) zeigt. Im Rahmen der EPIC-Studie wurden die Omega-3-Serumwerte von 4.902 Personen untersucht, die keine Fischöl-Supplemente verwendeten. Die Werte für EPA und DHA lagen bei Männern im Durchschnitt bei 292,3 µmol/l, bei Frauen bei 329,4 µmol/l. Keine der untersuchten Ernährungsgruppen (Fischesser, Fleischesser, Vegetarier und Veganer) erreichte im Schnitt den Wert 390 µmol/l DHA + EPA, welcher sich in der VITACOG-Studie als effektiv erwies (Welch et al., 2010).
Mehr Fisch essen? Pflanzliche Optionen als gesunde Alternative
Dass auch Fischesser keine optimale Omega-3-Versorgung aufweisen, lässt aufhorchen. Doch wer isst schon tatsächlich zwei Portionen Fisch pro Woche? Zudem enthalten nur fettreiche Sorten wie Lachs oder Thunfisch große Mengen an Omega-3-Fettsäuren. Bei langkettigen Omega-3-Fettsäuren gilt allerdings auch nicht: je mehr, desto besser. Sie sind besonders oxidationsempfindlich und benötigen einen guten antioxidativen Schutz, um im Körper selbst protektiv wirken zu können. Daher ist gebratener oder geräucherter Fisch alles andere als gesund. Empfehlenswerte Omega-3-Quellen sind dagegen pflanzliche Alternativen wie Leinsamen oder Chiasamen.
Besonders im Alter geht jedoch die Umwandlung von pflanzlichen Omega-3-Fettsäuren in die essentiellen Fettsäuren EPA und DHA zurück. Hier ist eine Supplementierung sinnvoll und wichtig. Für Personen, die Wert auf eine vegetarische oder vegane Ernährung legen, stellen langkettige Omega-3-Fettsäuren aus Algen mittlerweile eine wertvolle Alternative zu Omega-3-Fettsäuren aus Fischöl dar. Dies gilt vor allem im Hinblick auf die Nachhaltigkeit der Gewinnung dieser Fettsäuren aus Algen (im Vergleich zur Gewinnung aus Fischen) sowie aufgrund der Belastung von Fischölen mit Schwermetallen und Umweltgiften.
Literatur:
- Jernerén F, Elshorbagy AK, Oulhaj A, Smith SM, Refsum H, Smith AD (2015): Brain atrophy in cognitively impaired elderly: the importance of long-chain ω-3 fatty acids and B vitamin status in a randomized controlled trial. Am J Clin Nutr; 102(1): 215-221.
- Johnston DT, Deuster PA, Harris WS, Macrae H, Dretsch MN (2013): Red blood cell omega-3 fatty acid levels and neurocognitive performance in deployed U.S. Servicemembers. Nutr Neurosci;16(1): 30-8.
- Sarter B, Kelsey KS, Schwartz TA, Harris WS (2014): Blood docosahexaenoic acid and eicosapentaenoic acid in vegans: Associations with age and gender and effects of an algal-derived omega-3 fatty acid supplement. Clin Nutr; 34(2):212-8.
- Welch AA, Shakya-Shrestha S, Lentjes MA, Wareham NJ, Khaw KT (2010): Dietary intake and status of n-3 polyunsaturated fatty acids in a population of fish-eating and non-fish-eating meat-eaters, vegetarians, and vegans and the product-precursor ratio [corrected] of α-linolenic acid to long-chain n-3 polyunsaturated fatty acids: results from the EPIC-Norfolk cohort. Am J Clin Nutr; 92(5): 1040-1051.
- Witte AV, Kerti L, Hermannstädter HM, Fiebach JB, Schreiber SJ, Schuchardt JP, Hahn A, Flöel A (2014): Long-chain omega-3 fatty acids improve brain function and structure in older adults. Cereb Cortex; 24(11): 3059-68.