Gute und schlechte Darmbakterien: auf die richtige Balance kommt es an!
Der Darm ist mehr als ein schlichtes Verdauungsorgan – er lebt! Er beherbergt zehnmal mehr Bakterien, als der Mensch Körperzellen hat. Die weit über 500 Arten verschiedener Darmbakterien können uns entweder mit vielen gesunden oder aber mit toxischen Stoffwechselprodukten überfluten (Werk, 2007). Entscheidend dafür ist die Zusammensetzung der Gesamtheit aller Darm-Mikroorganismen. Wir sprechen von der Darm-Mikrobiota (Darmflora), welche wiederum stark durch die Ernährung bestimmt wird.
Die heute übliche fleischreiche und ballaststoffarme Ernährung und die häufige Verwendung von Antibiotika, insbesondere auch in der Fleischproduktion, führen zu einer deutlichen Abnahme gesunder Darmbakterien und zu einer Zunahme problematischer Keime.
Für eine gesunde Dickdarm-Mikrobiota ist ein leicht saures Milieu lebenswichtig, da es optimale Voraussetzungen für die Bildung probiotischer Bifidobakterien und Laktobazillen schafft. Die heute übliche fleischreiche und ballaststoffarme Ernährung führt hingegen zu einer Alkalisierung des Dickdarms. In diesem basischen Milieu gedeihen u. a. pathogene Pilze (Candida spp., Aspergillus spp.) und Fäulnisbakterien (z. B. Clostridium spp.), die wiederum der Freisetzung von Ammoniak und anderen Zellgiften Vorschub leisten.
All diese Faktoren schädigen auf lange Sicht die Darmwand, und es kommt zu Mikroläsionen (Leaky-Gut-Syndrom). Durch diese kleinen Löcher in der Darmwand gelangen schließlich Giftstoffe oder Nahrungsbestandteile in den Körper, werden von dem Immunsystem als Fremdkörper, als Allergen, detektiert und entsprechende Abwehrmechanismen in Gang gesetzt. Eine Folge davon sind Allergien oder Unverträglichkeiten, chronische Entzündungsprozesse und sogar Autoimmunerkrankungen, wie z. B. Typ-1-Diabetes, Multiple Sklerose und Systemischer Lupus Erythematos (SLE) (Christovich et al., 2022).
Die starke Zunahme von Autoimmunerkrankungen, chronischen Entzündungsprozessen, Unverträglichkeiten (Milch, Getreide) und Allergien steht in direktem Zusammenhang mit der Zunahme eines dysbiotischen Darmmikrobioms, denn der Darm ist die zentrale Ausbildungsstätte des Immunsystems.
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Wie unsere Ernährung das Darmmilieu nachhaltig beeinflusst
Wie bereits eingangs erwähnt, führen die heute übliche fleischreiche und ballaststoffarme Ernährung und die häufige Verwendung von Antibiotika, insbesondere auch in der Fleischproduktion, zu einer deutlichen Abnahme gesunder Darmbakterien und zur Zunahme problematischer Keime, wie bestimmte Clostridien- und Bacteroidesstämme. Diese verstoffwechseln primäre Gallensäuren, wie Cholsäure und Chenodesoxycholsäure, zu den sekundären Gallensäuren, wie Desoxycholsäure und Lithocholsäure, welche mit Dickdarmkrebs in Zusammenhang gebracht werden (Horie et al., 1999). Bei einem pH-Wert von unter 6 werden die für den Umbau benötigten bakteriellen Enzyme erst gar nicht gebildet. Zudem werden im natürlicherweise leicht sauren Milieu die gefährlichen Stämme durch die gesunde Darm-Mikrobiota verdrängt.
Bezeichnend ist, dass viele Darmkeime weder gut noch schlecht sind, sondern erst durch das entsprechende Nährmedium günstige oder schädliche Stoffwechselprodukte bilden. Der gleiche Keim kann also sehr konträre Wirkungen haben. Das durch die Ernährung geprägte Darmmilieu sozialisiert die Keime.
Im Hinblick auf die zunehmenden Zahlen an multiresistenten Keimen muss der Fleischkonsum kritisch gesehen werden: In der Tiermast werden weltweit die größten Mengen an Antibiotika verwendet. Über das Fleisch werden nicht nur ständig multiresistente Keime aufgenommen, sondern auch permanent Antibiotikarückstände, welche multiresistente Keime in der menschlichen Darmflora „heranzüchten“. Nach einer Studie von Waters und Kollegen (2011) wiesen 47 % der untersuchten US-amerikanischen Fleisch- und Geflügelproben Kontaminationen mit Staphylococcus aureus auf. Von diesen infizierten Proben waren 52 % sogar mit multiresistenten Keimen (MRSA) besiedelt.
Die Rolle von Butyrat in der Darmgesundheit
Um eine gesunde Darm-Mikrobiota zu fördern, ist es notwendig, ein leicht saures Dickdarmmilieu aufrechtzuerhalten. Die Aufnahme von Ballaststoffen trägt durch die fermentative Bildung von Butyrat zu einem leicht sauren Milieu und somit zu einer gesunden Dickdarm-Mikrobiota bei.
Darüber hinaus dient Butyrat als primäre Energiequelle für Darmzellen und beeinflusst die Motilität, die endokrinen Funktionen und die Immunreaktionen des Darms (Righetto et al., 2023). Butyrat besitzt die Fähigkeit, das Wachstum nützlicher Bakterien im Darm zu fördern, was zu einer erhöhten Mikrobiom-Vielfalt führt. Diese Diversität ist entscheidend für die Abwehr von pathogenen Keimen und die Aufrechterhaltung der Darmgesundheit (Righetto et al., 2023). Eine ausgewogene Mikrobiomzusammensetzung wirkt als erste Verteidigungslinie gegen Infektionen und kann somit indirekt das Risiko für die Entwicklung von Krebs senken (Refisch et al., 2023).
Schließlich spielt Butyrat eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung der Darmbarriereintegrität. Es ist bekannt, dass Butyrat die Wiederherstellung von Proteinen des Tight-Junction-Komplexes unterstützt, was für die Erhaltung der Integrität der Blut-Hirn-Schranke und des Darmepithels unter pathologischen Bedingungen essenziell ist (Refisch et al., 2023). Eine solche Barrierefunktion ist entscheidend, um die systemische Entzündungsreaktion zu verhindern, die durch das Eindringen von bakteriellen Antigenen in die Blutbahn ausgelöst werden kann, wie es in der Leaky-Gut-Theorie beschrieben wird (Refisch et al., 2023). Darüber hinaus ist Butyrat ein wichtiger Nährstoff für die Schleimhautzellen im Darm (Martin-Gallausiaux, Camille et al., 2021).
Ballaststoffe werden im Dickdarm zu Butyrat fermentiert und sorgen so für ein leicht saures Darmmilieu und eine gesunde Dickdarm-Mikrobiota.
Die Fähigkeit von Butyrat, die Darmbarriere zu stärken, Entzündungen zu hemmen und das Wachstum nützlicher Mikroorganismen zu fördern, macht Butyrat zu einem vielversprechenden Kandidaten für therapeutische Ansätze zur Unterstützung der Darmgesundheit und Krebsprävention.
Wenn der Darm aus dem Gleichgewicht gerät
Pilze im Darm
Ein Darm mit einer gestörter Mikrobiota wird zunehmend wehrloser gegenüber möglichen Krankheitserregern wie Candida und Darmparasiten, die durch ihre Stoffwechselprodukte (z. B. Fuselalkohole) eine zusätzliche Schädigung der Darmschleimhaut bewirken. Gerade die schädlichen Hefepilze wie Candida albicans sind für den Darm gefährlich, denn sie können sich an den Zellen der Darmschleimhaut festhalten, dort festwachsen und sich vermehren. Selbst die Magensäure kann ihnen nichts anhaben, und so gelangen sie unbeschadet in den Darm. Die Lieblingsnahrung der Hefepilze ist Zucker, den verstoffwechseln sie zu Kohlendioxid (Gasbildung) und Alkohol. Ein Pilzbefall des Darmes kann sich durch Gasbildung mit Blähungen, Heißhunger nach Süßem, Appetitlosigkeit, Völlegefühl und gelblicher Verfärbung des Stuhls zeigen. Manchmal klagen Befallene auch über ständige Müdigkeit und Abgeschlagenheit. Begünstigend wirken Erkrankungen wie Zöliakie, Diabetes, Rheuma, Krebs, Aids oder Schwächungen des Immunsystems. Störend wirken auch extrem viel Stress, Amalgambelastung und Immundämpfer wie Kortisol.
Antibiotika führen meistens zu einer Verpilzung des Darmes, da sie die schützende Darmflora stark reduzieren. Hier ist es unbedingt notwendig, sofort nach Abschluss der Behandlung die gesunde Darmflora wieder aufzubauen. Auch bestimmte Hefepilze wie Saccharomyces boulardii verhindern die Verpilzung unter antibiotischer Therapie. Generell schützt eine gesunde bakterielle Darmflora mit Laktobazillen und Bifidobakterien den Darm vor einer Verpilzung.
Leaky-Gut-Syndrom – der „löchrige Darm“
Neben einem Nährstoffmangel können auch Pilze und krankmachende Bakterien (s. o.) zu einer erhöhten Durchlässigkeit der Darmwand führen. Diese greifen ständig die Darmschleimhaut an. An bzw. in der Darmschleimhaut häufen sich Entgiftungs- und Entzündungsreaktionen, welche die Stabilität der Darmschleimhaut verletzen und das Leaky-Gut-Syndrom, den „löchrigen Darm“, hervorrufen. Durch die vergrößerten Zwischenräume zwischen den Schleimhautzellen fluten nun Giftstoffe von Bakterien, Pilzen und Parasiten, Allergie-auslösende Nahrungspartikel und Bestandteile aus dem Darm in den Körper und belasten unser Immunsystem. Chronischer Schnupfen, Erschöpfung, asthmatische Beschwerden und Schwindel sind die Folge.
Unverträglichkeiten und Allergien
Im Darm liegt häufig die Ursache für Lebensmittelallergien oder -unverträglichkeiten – oder man spürt dort zumindest deren Symptome. Treten nach dem Verzehr bestimmter Lebensmittel Probleme wie z. B. Bauchschmerzen, Unwohlsein, Krämpfe, starke Blähungen, Durchfall (Diarrhoe), Kopfschmerzen, sehr schneller Puls oder andere Symptome auf, kann eine Unverträglichkeit oder eine Allergie gegen ein bestimmtes Lebensmittel oder eine Gruppe von Lebensmitteln vorliegen. Bei einer Ernährungsumstellung sollte auf Unverträglichkeiten und Allergien gegen Lebensmittel geachtet werden.
Im Folgenden sind die am häufigsten auftretenden Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten aufgeführt:
Histaminintoleranz
Eine Histaminintoleranz (HIT) ist die am meisten verbreitete, aber am wenigsten erkannte Unverträglichkeit. HIT ist keine Allergie, sondern ein Histamin-Ungleichgewicht im Körper, bei dem zu viel Histamin vorliegt. Da Histamin in der Regel als Mediator von (echten) allergischen Reaktionen ausgeschüttet wird, ähneln die Symptome der HIT denen einer echten Allergie . Sie betreffen vor allem die Haut, den Magen-Darm-Trakt, das Herz-Kreislauf-System, die Atemwege und das Nervensystem. Eine HIT kann verschiedene Ursachen haben und in unterschiedlichen Schweregraden auftreten.
Die häufigste Ursache ist ein Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS), das 17 % der Deutschen betrifft (Molderings et al., 2013). Dies allein reicht für eine Histaminintoleranz aus, da Mastzellen vermehrt Histamin ausschütten. Eine weitere Ursache ist der Defekt bzw. die verminderte Aktivität der Enzyme Diaminoxidase (DAO) und Histamin-N-Methyltransferase (HNMT), welche Histamin abbauen. Ist die Funktion eingeschränkt, steigt der endogene Histaminspiegel an und führt zu allergieähnlichen Symptomen. Die Aufnahme von Histaminliberatoren (Lebensmittel, die nach Verzehr körpereigenes Histamin freisetzen, wie z. B. Glutamat, Nitrate, Sulfit, Zitrusfrüchte) oder von Lebensmitteln, die selbst einen hohen Histamingehalt aufweisen (z. B. gereifte Käsesorten, eingelegte und geräucherte Lebensmittel, Rotwein, Meeresfisch), kann Symptome einer HIT auslösen. Alkohol und Kakao hemmen die Diaminoxidase und begünstigen die HIT. Diese können, insbesondere auch in Kombination, Kopfschmerzen und Magen-Darm-Beschwerden bis hin zu Urtikaria, Herz-Kreislauf-Beschwerden und Asthma auslösen.
Zu beachten ist auch, dass verschiedene Medikamente als Histaminliberatoren agieren und/oder die Aktivität der DAO hemmen können.
Mehr zu HIT erfahren Sie im Artikel Histamin-Intoleranz (HIT) und Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS).
Fruktosemalabsorption
Fruktose ist ein Monosaccharid, für das die Aufnahmekapazität auf 35-50 g pro Tag begrenzt ist. Die Aufnahme erfolgt im Dünndarm über passive Diffusion und über den GLUT-5-Transporter. Man geht davon aus, dass jeder dritte Erwachsene und zwei von drei Kleinkindern eine Fruktosemalabsorption aufweisen – mit unterschiedlicher Ausprägung. Eine Fruktosemalabsorption ist eine Unverträglichkeitsreaktion nach einer Aufnahme von weniger als 25 g Fruchtzucker am Tag, die sich aufgrund der gestörten Absorption im Dünndarm in gastrointestinalen Beschwerden äußert (Schäfer et al., 2010).
Treten kurze Zeit nach dem Verzehr von isolierter Fruktose, Apfelsaft oder Obst (z. B. Birne) Beschwerden im Magen-Darm-Trakt auf, wie beispielsweise Blähungen, Stuhlunregelmäßigkeiten, weicher Stuhl oder Diarrhoe, so liegt der Verdacht einer Fruktosemalabsorption nahe. Der verzehrte Fruchtzucker kann im Dünndarmbereich nicht schnell genug aufgenommen werden und gelangt in tiefere Darmabschnitte. Dort verstoffwechseln Darmbakterien den Fruchtzucker u. a. unter Gasbildung. Freie Fruktosemoleküle bilden eine Hydrathülle, welche die Konsistenz des Stuhls verflüssigt.
Bei dem Verzicht bzw. der Reduktion des Fruchtzuckerkonsums müssen auch Zuckeralkohole (Sorbit, Mannit, etc.) sowie Oligofruktose und Inulin berücksichtigt werden. Sorbithaltiges Obst (z. B. Steinobst) sollte bei Fruktosemalabsorption gemieden oder stark reduziert werden. Xylit ist meistens verträglich. Die gleichzeitige Aufnahme von Glukose kann die Aufnahme von Fruktose verbessern (z. B. eine Prise Traubenzucker über die Erdbeeren streuen). Das ist aber nur eine Notlösung. Besser ist es, die Fruktosezufuhr deutlich zu reduzieren. Stark kommt es dabei auf das Fruktose-Glukose-Verhältnis an. Vor allem Obst und Säfte mit viel Sorbit und mehr Fruktose als Glukose können Probleme verursachen. Problematisch ist vor allem, dass Fruktose in immer mehr Fertig- und Diätprodukten, Limonaden und Süßstoffen verwendet wird. Auch sorbithaltige Süßstoffe und Kaugummis sollten gemieden werden, denn Sorbit hemmt den GLUT-5-Transporter.
Nach einer moderaten Fruktosereduktion sollte der individuelle Schwellenwert gefunden und in der Ernährung nicht überschritten werden.
Im offiziellen Positionspapier (Schäfer et al., 2010) der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie heißt es: „Eine Ernährungsumstellung auf eine fruktosemodifizierte Kost führt für Fruktosemalabsorber zu einer verbesserten Fruktoseverträglichkeit. […] Fruktosefreie Ernährungsempfehlungen, die sich vorrangig am Fruktosegehalt in der Nahrung orientieren, sind nicht zielführend für die Therapie der Fruktosemalabsorption.“ Konkret heißt das: Ein Apfel wird oft noch gut vertragen, ein Glas Apfelsaft mit einem Sorbitkaugummi nicht. Obst nach einer Mahlzeit ist übrigens meist besser bekömmlich.
Laktoseintoleranz
Treten nach dem Verzehr von Milch oder Milchprodukten Bauchschmerzen, krampfartige Darmwinde, Übelkeit oder spontane Diarrhoen auf, so liegt oft eine Laktosemalabsorption vor. Dies ist keine allergische Reaktion, sondern ein Mangel bzw. eine Dysfunktion des Enzyms Laktase im Dünndarm. Laktase spaltet das Disaccharid Laktose in die Monosaccharide Glukose und Galaktose, welche im Dünndarm aufgenommen werden. Gelangt Laktose unverdaut in den Dickdarm, wird es von der Dickdarm-Mikrobiota zu Laktat und Gasen abgebaut (Methan/Wasserstoff). Die gebildeten Gase verursachen Flatulenzen und die Laktatmoleküle bilden eine Hydrathülle, wodurch häufig osmotische Diarrhoen hervorgerufen werden. Im Falle einer Milchzuckerunverträglichkeit werden häufig noch kleine Mengen toleriert, dennoch sollten Milch und Milchprodukte auf dem Speiseplan durch pflanzliche, laktosefreie Alternativen ersetzt werden. Bei Fertiggerichten, Wurst, Würzsoßen und Dressings muss auf „versteckte“ Laktose geachtet werden.
Cave: Milchprotein ist potenziell das viel größere Gesundheitsproblem, da Allergien gegen Kuhmilchproteine häufig sind. Dafür sind auch laktosefreie Milchprodukte keine Lösung.
Glutenunverträglichkeit
Glutenunverträglichkeit ist ein Begriff, der verschiedene Formen von Überempfindlichkeiten gegenüber Bestandteilen von Weizen und verwandten Getreiden umfasst. Die häufigsten Formen sind Zöliakie, Weizenallergie und nicht-zöliakiebedingte Glutensensitivität (NZGS).
- Zöliakie ist eine autoimmune Erkrankung, die durch eine fehlgeleitete Immunantwort auf Gluten ausgelöst wird und systemische Komplikationen verursachen kann, einschließlich Malabsorption von Nährstoffen (Fried, 2021). Bereits kleine Mengen Gluten können eine Entzündung der Dünndarmschleimhaut auslösen, was zu einer Zottenatropie und einem intestinalen Malabsorptionssyndrom führt. Die Prävalenz in der europäischen Bevölkerung liegt bei 0,5-2,5%.
- Im Gegensatz dazu ist die Weizenallergie eine immunologische Reaktion, die Symptome von der Haut bis zum Gastrointestinaltrakt verursachen kann (Malkovics et al., 2023).
- Die NZGS hingegen wird nicht durch eine allergische oder autoimmune Reaktion verursacht, sondern durch eine Intoleranz gegenüber Weizenbestandteilen, die ähnliche Symptome wie die Zöliakie hervorrufen kann.
Die Symptome der Glutenunverträglichkeit sind unspezifisch und breit gefächert und können sowohl den Magen-Darm-Trakt als auch andere Systeme des Körpers betreffen.
Es zeigen sich gastrointestinale Symptome wie:
- Durchfall, Blähungen und Bauchschmerzen
- Übelkeit und Erbrechen, Verstopfung
- Völlegefühl und Appetitlosigkeit
- Gewichtsverlust und Malnutrition
Es gibt jedoch auch extraintestinale Symptome, wie:
- Müdigkeit und Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen
- Anämie (Blutarmut)
- Osteoporose und Zahnschmelzdefekte
- Wachstumsstörungen bei Kindern
- Nesselsucht oder Hautausschlag (besonders bei Weizenallergie)
- Dermatitis herpetiformis Duhring (seltene chronische Erkrankung mit Blasenbildung vor allem am Rumpf, dem Gesäß und den Oberschenkeln)
- Neurologische Symptome, z. B. Taubheitsgefühl in Händen oder Füßen
- Psychische Symptom, z. B. Stimmungsschwankungen oder Depressionen
- Sonstige Symptome, z. B. Menstruationsstörungen, Fertilitätsstörungen, erhöhte Leberwerte
Die einzige wirksame Behandlung für Zöliakie und NZGS ist eine strenge, lebenslange glutenfreie Diät.
Die Glutenunverträglichkeit wurde inzwischen populärwissenschaftlich sehr bekannt, so dass laut Studien deutlich mehr Menschen eine Glutenunverträglichkeit bei sich selbst diagnostizieren, obgleich keine vorliegt. Oft steckt hinter einer selbst diagnostizierten Glutenunverträglichkeit tatsächlich eine Histaminunverträglichkeit. Die Mastzellen reagieren stark auf die Hefe im Brot, nicht auf das Gluten im Weizen. Die Symptomatik von HIT und Glutenunverträglichkeit ähneln sich stark.
Nicht selten treten mehrere Unverträglichkeiten gleichzeitig auf. Eine Histaminintoleranz schädigt zunehmend die Darmschleimhaut, so dass sich andere Unverträglichkeiten entwickeln.
Allergien
Das mittlerweile breite Angebot an Fleischersatz aus Soja ist verlockend. Dennoch sollten tierische Produkte nicht einseitig durch Sojaalternativen ersetzt werden. Auch eine einseitige Ernährung auf Sojabasis ist nicht gesund. Besonders empfindliche Personen und Menschen mit einer hohen Stressbelastung laufen Gefahr, durch einseitigen Sojakonsum eine Sojaallergie zu entwickeln. Dauerstress und andere Faktoren erhöhen die Durchlässigkeit der Darmwand (Leaky-Gut-Syndrom, s.o.). Die Folge ist eine eigentlich unnötige Immunreaktion (= Allergie) gegen ein Lebensmittel(-protein).
Bei hohem Stresslevel und Proteinverzehr können empfindliche Personen leicht Allergien entwickeln, beispielsweise gegen Weizen (Gluten), (Kuh-)Milchprotein, Ei, Soja, etc. Um die Entstehung von Unverträglichkeiten zu mindern, empfiehlt es sich, die aufgenommene Proteinmenge zu reduzieren, die Proteinquellenvielfalt zu erhöhen und Stress zu reduzieren. Da im Zentrum der Pathogenese das Leaky-Gut-Syndrom steht, verschwinden mit der Heilung der Darmschleimhaut häufig auch die meisten Lebensmittelallergien.
Liegen unerklärliche und ausgeprägte Darmprobleme vor, wie Völlegefühl, Blähbauch, Wassereinlagerungen, Durchfall oder Verstopfung, empfiehlt sich ein IgG4-Test, der konkrete Nahrungsmittelunverträglichkeiten aufzeigen helfen kann. Bei einem Leaky-Gut-Syndrom werden Antikörper gegen zahlreiche, oft verzehrte Lebensmittel festzustellen sein, weshalb der Test auch umstritten ist. Dennoch tritt häufig nach einem vorübergehenden Weglassen dieser Lebensmittel eine deutliche Besserung der Symptomatik auf und die Darmschleimhaut erholt sich.
Sinnvoller und kostengünstiger als der IgG4-Test ist zunächst eine Diagnostik der Darmschleimhaut (Zonulin-Wert im Stuhl). Bei einem Leaky Gut ist eine spezielle Entlastungskur mit Aufbau der Darmschleimhaut und Darm-Mikrobiota angezeigt.
Blähungen und Darmwinde
Wenn nach dem Verzehr von Hülsenfrüchten und bestimmten Gemüsesorten, wie z. B. Lauch und Kohl, starke Blähungen auftreten, dann bilden die Darmbakterien übermäßig viele Gase bei der Fermentation der darin vorkommenden Ballaststoffe. Hier kann es hilfreich sein, unterstützend auf ein Präparat mit dem Enzym alpha-Galactosidase zurückzugreifen. Dadurch werden die Ballaststoffe in kleinere Einheiten abgebaut und können im Darm absorbiert werden, sodass die Darmbakterien die Ballaststoffe nicht mehr vergären und keine Gase mehr produziert werden.
In gewissem Maße ist die Bildung von Gasen bei der Fermentation von Ballaststoffen jedoch normal und deutet auf die Bildung des gesunden Stoffes Butyrat hin.
Die weitreichenden positiven Effekte kannte bereits Mozart, von dem dieses Zitat stammt: „Wenn’s Arscherl brummt is‘ Herzerl g’sund.“
Literatur:
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Fried R (2021): ZED1227 – vielversprechende medikamentöse Therapie der Zöliakie?. Schweiz. Gastroenterol. 2, 150–151. https://doi.org/10.1007/s43472-021-00057-9.
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Martin-Gallausiaux C, Marinelli L, Blottière HM, Larraufie P, & Lapaque N (2021): SCFA: mechanisms and functional importance in the gut. The Proceedings of the Nutrition Society, 80(1), 37–49. https://doi.org/10.1017/S0029665120006916.
Molderings GJ, Haenisch B, Bogdanow M, Fimmers R, Nöthen MM (2013): Familial occurrence of systemic mast cell activation disease. PLoS One;8(9):e76241. DOI: 10.1371/journal.pone.0076241.
Refisch et al. (2023): Die Bedeutung des humanen Mikrobioms für die psychische Gesundheit, https://doi.org/10.1007/s00115-023-01552-x.
Righetto et al. (2023): Schutz- und Regenerationsmechanismus von Bacillus clausii bei PPI-induzierter Darmstörung unter Anwendung der SHIME-Technologie, https://doi.org/10.52778/efsm.23.0035.
Schäfer C, Reese I, Ballmer-Weber BK, Beyer K, Erdmann S, Fuchs T, Henzgen M, Huttegger I, Jappe U, Kleine-Tebbe J, Lepp U, Niggemann B, Raithel M, Saloga J, Szépfalusi Z, Vieths S, Werfel T, Zuberbier T, Worm M (2010): Fruktosemalabsorption. Stellungnahme der AG Nahrungsmittelallergie in der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI). Allergo J; 19: 66-69.
Waters AE, Contente-Cuomo T, Buchhagen J, Liu CM, Watson L, Pearce K, Foster JT, Bowers J, Driebe EM, Engelthaler DM, Keim PS, Price LB (2011): Multidrug-Resistant Staphylococcus aureus in US Meat and Poultry. Clin Infect Dis; 52(10): 1227-1230.
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