Akazienfaser-Ballaststoffe: Alleskönner für Darm und Gesundheit
Ballaststoffe und Darmgesundheit
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt die tägliche Aufnahme von mind. 30 g Ballaststoffen. Die tatsächliche Zufuhr in Deutschland liegt mit 23 g pro Tag bei Frauen und 25 g bei Männern (Median) deutlich niedriger. 75 % der Frauen und 68 % der Männer erreichen den DGE-Richtwert nicht (MRI, 2008).
Eine ballaststoffreiche Ernährung wirkt sich positiv auf die Verdauung und die Darmgesundheit aus. Ballaststoffe steigern zudem das Sättigungsgefühl, reduzieren den Cholesterinspiegel sowie den postprandialen Blutglukose-Spiegel und schützen vor Darmkrebs.
Menschen mit gestörter Darm-Mikrobiota leiden häufig unter unangenehmen Beschwerden wie Blähungen, Verstopfung, Durchfall, Übelkeit oder Bauchschmerzen. Verdauungsprobleme können den Körper stark schwächen und die Gesamtgesundheit und Lebensqualität des Betroffenen erheblich beeinträchtigen.
Akazienfaser-Ballaststoffe können helfen, Darmbeschwerden zu reduzieren und das Allgemeinbefinden merklich zu verbessern.
In einer Studie nahmen 240 Personen, die regelmäßig unter Darmbeschwerden litten, 60 Tage lang täglich mindestens 10 g Akazienfaser zu sich (Alland & Robert, o. D.). In mehr als 8 von 10 Fällen verbesserte sich der Darmkomfort, 88 % der Teilnehmer gaben an, weniger Schmerzen im Darm zu haben und bei 75 % reduzierte sich die Schwellung am Bauch. Insgesamt verbesserte sich bei 70 % der Teilnehmer die Lebensqualität signifikant.
Akazienfaser-Ballaststoffe stärken die Darm-Mikrobiota
Akazienfaser-Ballaststoffe enthalten mindestens 90 % lösliche Ballaststoffe aus natürlicher Quelle, überwiegend als Arabinogalaktane. Akazienfaser-Ballaststoffe sind gut verträglich und erzeugen auch bei hohen Aufnahmemengen keine Nebenwirkungen im Magen-Darm-Trakt. Sie wirken bifidogen, d. h. sie fördern das Wachstum der Bifidobakterien. Diese anaeroben Bakterien besiedeln vorwiegend den Dickdarm und zählen zu den wichtigsten Mikroorganismen der intestinalen Mikrobiota (Darmflora). Darüber hinaus wird das Wachstum von Milchsäure-Bakterien stimuliert (ab 10 g/Tag) (Cherbut et al., 2003).
Die Akazienfasern fördern gezielt das Wachstum gesundheitsfördernder Darmbakterien, wie beispielsweise Bifidobakterien, Lactobazillen und Bakteroide. Unerwünschte dysbiotische Bakterienstämme wie Clostridien hingegen, die mit negativen gesundheitlichen Wirkungen in Verbindung stehen, werden durch die Fermentation von Akazienfaser-Ballaststoffen reduziert. So wird einer Darm-Dysbiose entgegengewirkt (Rawi et al., 2021).
Die Fermentation von Akazienfasern im menschlichen Darm unterliegt einem komplexen bakteriellen Zusammenspiel („metabolic cross-feeding“), das nur in seiner Gesamtheit zu den beobachteten positiven gesundheitlichen Effekten führt (Rawi et al., 2021).
Akazienfaser-Ballaststoffe werden allmählich im distalen Colon, dem absteigenden Ast des Dickdarms einschließlich Sigmoid, von Milchsäure-Bakterien fermentiert. Innerhalb von drei Wochen passt sich die intestinale Mikrobiota an, so dass ihre Kapazität zur Fermentation der Ballaststoffe ansteigt (Terpend et al., 2013).
Akazienfaser-Ballaststoffe stärken die Darmbarriere bei Leaky Gut
Die Darmbarriere ist ein wichtiger Bestandteil des Immunsystems. Sie setzt sich zusammen aus der Darmwand und der Darm-Mikrobiota. Sie schützt vor potenziellen allergischen Reaktionen, mikrobiologischen und chemischen Gefahren.
Eine erhöhte Durchlässigkeit der Darmwand wird Leaky Gut (dt. „undichter Darm“) oder Leaky-Gut-Syndrom genannt.
Das Leaky-Gut-Syndrom kann durch verschiedene Umstände ausgelöst werden, die Entzündungen verursachen und die Darmschleimhaut schädigen, z. B. Infektionen, Verletzungen oder Übermedikation. Auch Dauerstress kann zum Leaky Gut führen (Maes und Leunis, 2008).
Beim Leaky-Gut-Syndrom passieren Toxine und Antigene von Bakterien, aber auch unverdaute Nahrungsproteine die Darmwand und gelangen in den Blutkreislauf. Das Immunsystem bildet gegen diese Eindringlinge Antikörper und attackiert sie. So ist nicht nur die Darmschleimhaut geschwächt, sondern auch das gesamte Immunsystem in dauerhaftem Alarmzustand. Dies kann Lebensmittelunverträglichkeiten (wie Histamin-, Fruktose- und Glutenunverträglichkeit), Allergien und Autoimmunerkrankungen fördern.
Mehr zum Thema Darm-Dysbiose und Allergien erfahren Sie im Artikel Darm-Dysbiose – Was hat das mit Allergien und Unverträglichkeiten zu tun?
Das Leaky-Gut-Syndrom kann mit zahlreichen unspezifischen Symptomen einhergehen wie Müdigkeit, erhöhte Körpertemperatur, Bauchschmerzen, Blutungen, Durchfall, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen u. a. Hier können Akazienfaser-Ballaststoffe einen wertvollen Beitrag leisten. Sie erhöhen die Darmpopulation gesundheitsförderlicher Bifidobakterien und Bacteroidetes (Sokol et al., 2008) und zeigen einen protektiven Effekt auf die Darmbarriere: Die Fermentationsprodukte erhöhen die Zahl der Occudin Tight Junctions (spezielle Proteine zwischen zwei Darmzellen) und reduzieren so die Durchlässigkeit der Darmwand.
Akazienfaser-Ballaststoffe wirken zudem antientzündlich: Die Fermentation der Ballaststoffe reduziert die proinflammatorischen Cytokine IL-6, IL-8, IL1-beta und TNF-alpha an der apikalen Seite der Darmzellen. Das antiinflammatorische Cytokin IL-10 wird dagegen erhöht (Daquet et al., 2015) .
Krebsprävention durch kurzkettige Fettsäuren (SCFAs)
Durch den Abbau der Ballaststoffe im Darm entstehen kurzkettige Fettsäuren (SCFAs) wie Acetat, Propionat und Butyrat, die wiederum den Stoffwechsel des Wirts beeinflussen und positive physiologische Wirkungen haben.
Butyrat hat weitreichende und aktive regulatorische Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. In den letzten Jahren haben zahlreiche Studien die Antitumoreffekte von Butyrat untersucht (Stoeva et al., 2021 ). Als Tumorsuppressor verlangsamt Butyrat das Tumorwachstum, indem es Immun-, Tumor- und gesunde Darmzellen beeinflusst.
Die Antitumorwirkung von Butyrat spiegelt sich vor allem in fünf Aspekten wider (Sun et al., 2024):
- Modulation der Immunantwort
- Einflüsse auf die entzündliche Mikroumgebung des Tumors
- Induktion der Tumorzellapoptose (Zelltod der Tumorzellen)
- Verbesserung der immuntherapeutischen Wirkung
- Schutz der Darmepithel-Barrierefunktion

All diese Faktoren machen kurzkettige Fettsäuren und insbesondere Butyrat – und somit auch die Akazienfaser – zu einem vielversprechenden Kandidaten in der Krebsprävention.
Antimikrobielle und immunmodulatorische Wirkung von Akazienfaser
In einer in-vitro-Studie wurde zum einen die direkte antibakterielle Aktivität sowohl einer wässrigen als auch einer alkoholischen Lösung aus Akazienfaser-Ballaststoffen gegenüber Staphylococcus (S.) aureus und Escherichia (E.) untersucht. Zum anderen sollten die immunmodulierenden Eigenschaften auf menschliche und bovine Granulozyten als erste Verteidigungslinie gegen Bakterien erforscht werden.
Dabei zeigte sich, dass beide Lösungen eine direkte antibakterielle Wirkung gegen einige S. aureus- und E. coli-Stämme aufwiesen. Diese Bakterienstämme wurden unmittelbar in ihrem Wachstum gehemmt. Darüber hinaus unterstützten Akazienfaser-Ballaststoffe die antimikrobiellen Aktivitäten der Granulozyten und erhöhten die intrazelluläre ROS-Produktion mit einer erhöhten Phagozytose-Aktivität (Baien SH et al., 2020).
Zusammenfassung
Akazienfaser-Ballaststoffe zeigen nachweislich einen positiven Einfluss auf die Zusammensetzung der Darm-Mikrobiota. Durch die Fermentation der löslichen Ballaststoffe im distalen Colon werden die Tight Junctions zwischen den Zellen der Darmschleimhaut gestärkt und damit einem Leaky-Gut entgegengewirkt. Zudem zeigen Akazienfaser-Ballaststoffe antientzündliche und antimikrobielle Eigenschaften und leisten auch in der präventiven Krebstherapie einen wertvollen Beitrag.
Literatur
- Alland & Robert (o. D.): Study on the benefits of acacia gum in gut health.
- Baien SH, Seele J, Henneck T, Freibrodt C, Szura G, Moubasher H, Nau R, Brogden G, Mörgelin M, Singh M, Kietzmann M, von Köckritz-Blickwede M, de Buhr N. (2020): Antimicrobial and Immunomodulatory Effect of Gum Arabic on Human and Bovine Granulocytes against Staphylococcus aureus and Escherichia coli. Front Immunol. 2020 Jan 31;10:3119. doi: 10.3389/fimmu.2019.03119. PMID: 32082302; PMCID: PMC7005937.
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Eine Antwort
Danke für die ausführliche Info.
Ich habe HIT und den Eindruck durch die Akazienfaser, es ist die zweite Packung, ist mein Zustand besser geworden.
Eine Reaktion auf Histamin ist oft bei mir eine starke Rötung im Gesicht und Juckreiz am Hals. Diese Symptome haben sich beruhigt.
Mit freundlichen Grüßen R. Gayer