BMMFs – neuer Krebserreger von Nobelpreisträger zur Hausen entdeckt?

Wie infektiös übertragbare Entzündungsprozesse Krebs auslösen

Entzündungsprozesse werden von Viren, Bakterien, Parasiten und Autoimmunprozessen ausgelöst und können lokal begrenzt auftreten. Aufgrund eines starken Zusammenhangs zwischen Krebshäufigkeit und der Menge an verzehrtem Rindfleisch und Milch und ging der kürzlich verstorbene Nobelpreisträger und Leiter des Deutschen Krebsforschungszentrums zur Hausen schon lange von einer infektiösen Ursache von Krebserkrankungen aus, die sich in Fleisch und Milch von Rindern versteckt.

Bereits 2014 entdeckte und isolierte er einen neuartigen Erregertyp in Milch und Fleisch von Rindern, den er als „Bovine Meat and Milk Factors“ bezeichnet (Bund et al., 2021). Diese kleinen DNA-Moleküle ähneln sowohl bakteriellen Plasmiden als auch bestimmten Viren und stehen im Verdacht, durch chronische Entzündungen Krebs auszulösen. Zahlreiche Viren sowie einige Bakterien und Parasiten sind nachgewiesene Krebsauslöser und rufen im betroffenen Organ eine chronische Entzündung hervor, die bei mangelnder Reparatur auf Dauer zu Krebs führen kann.

Aufgrund der Ergebnisse vorheriger Studien gehen die DKFZ-Forscher um zu Hausen davon aus, dass BMMFs zur Expression eines speziellen Proteins (Rep) führen, welches in den betroffenen Zellen vermehrt wird und chronisch entzündliche Veränderungen mit erhöhtem Aufkommen reaktiver Sauerstoff- und Stickstoffspezies (ROS/RNS) hervorruft. Der ROS/RNS-Stress führt dann zu Schädigungen der DNA, was die Entstehung von Dysplasien und Polypen begünstigt.

Um ihre These zu überprüfen, untersuchten sie Gewebeproben von Darmkrebs und vom gesunden Darm. Dabei konnten sie das Rep-Protein nachweisen. Allerdings enthielten nicht die Krebszellen selbst das Rep-Protein, sondern die Nachbarzellen des Tumors. An denselben Stellen im Gewebe, wurden neben dem Rep-Protein auch vermehrt entzündungsfördernde CD-68 Makrophagen sowie erhöhte Spiegel an reaktiven Sauerstoff- und Stickstoffverbindungen (ROS/RNS) nachgewiesen: in den sich schnell teilenden Colon-Zellen der Krypten dem Sitz der Stammzellen des Darms – in direkter Nähe zu dysplastischen und Krebs-Zellen. Verglichen mit dem Darmgewebe tumorfreier Personen, waren BMMFs und Entzündungsmarker in den Nachbarzellen bösartiger Darmtumoren signifikant häufiger nachweisbar.                 
Diese Ergebnisse stützen die These der Autoren, dass die Anwesenheit von BMMFs im Darm chronisch-entzündliche Prozesse in der Dickdarmschleimhaut auslöst und dadurch ein Milieu geschaffen wird, welches langfristig die Entstehung von Darmkrebs fördert.

Dass diese Ergebnisse stark kontrovers diskutiert werden, sollte nicht wundern. Die Milch- und Fleischindustrie hat die finanzstärkste und einflussreichste Lobby. Und dass typisch deutsche Lieblingsspeisen wie Rind und Milchprodukte krebserregend wirken können, „schmeckt“ natürlich den wenigsten. Eine Infektion vermeiden kann man nur, indem man Kinder schon vegan ernährt. Erwachsene sind in der Regel bereits infiziert. Hilfreich dürfte es allerdings auch nicht sein, immer mehr infektiöse Stoffe über die Ernährung nachzuschieben.

Krebserregende Viren in Rindfleisch und Milch

Fast 20 % aller Krebserkrankungen werden mit infektiösen Auslösern wie Viren verursacht. Derzeit existieren sieben Viren, die sicher Krebs beim Menschen auslösen können. Und da ständig neue Viren in der Nahrungskette entdeckt werden, wird die Häufigkeit viraler Krebserkrankungen zukünftig vermutlich steigen.

Bereits vor hundert Jahren wurde ein krebsverursachendes Hühnervirus entdeckt, wofür der Nobelpreis verliehen wurde. Ein weiterer krebsauslösender Virus ist das Humane Papilloma-Virus (HPV), das Gebärmutterhalskrebs verursacht. Der Entdecker des HPV, der deutsche Nobelpreisträger zur Hausen, vermutete bereits, dass ein Rinder-Virus existiert, ein multiples Tumorvirus, das bei menschlichem Darm-, Lungen und Brustkrebs eine Rolle spielen könnte.

Epidemiologische Studien belegen schon lange, dass der Verzehr von Rindfleisch mit einem stark erhöhten Risiko für kolorektalen Krebs einhergeht. Eine Hypothese, dies zu erklären, ist ein karzinogener infektiöser Stoff im Fleisch. Eine Virusfamilie, von der bekannt ist, dass sie karzinogen wirkt, sind die weit verbreiteten Polyomaviren (Peretti et al., 2015). Polyomaviren sind besonders bedenklich, weil sie auch hohe Temperaturen, z.B. beim Kochen, überleben können.

Polyomaviren in Hackfleisch

Ein einzelner Burger kann heutzutage das Fleisch von zig Tieren enthalten – ideal für die Ansammlung von Viren. Forscher des berühmten National Cancer Institute der USA fanden in Rinderhackfleisch aus mehreren Supermärkten drei verschiedene Polyomaviren, die Ähnlichkeiten mit anderen beim Menschen krebserregenden Polyomaviren aufweisen. Ebenso wurden im Rinderhackfleisch bzw. in den Vergleichsprodukten Schweine- und Hühnchenhackfleisch Vertreter weiterer Virusfamilien wie Herpesviren, Adenoviren, Circoviren und Gyroviren gefunden (Peretti et al., 2015).

Diese Ergebnisse zeigen, dass potentiell gefährliche Tierviren häufig in verbreiteten Lebensmitteln vorhanden sind. Der Zusammenhang mit der Entstehung von Krebserkrankungen hat daher eine Bedeutung, die nicht vernachlässigt werden sollte. 

Omnipräsenter Leukämievirus bei Rindern verdreifacht Brustkrebsrisiko

Vor kurzem wurde eine größere Zahl vermutlich neuer Viren in Blut, Fleisch und Milch von Milchkühen entdeckt. Infektiöse Stoffe in Milchprodukten könnten eine besondere Affinität für Brustzellen haben, da sie aus Brustzellen stammen.

Der Zusammenhang von Brustkrebs und Viren wurde bereits belegt: In einer Studie konnte das Auftreten von Brustkrebs mit dem Vorkommen von BLV-Viren aus Rindern (Bovine Leukemia Virus) im Brustgewebe in Verbindung gebracht werden. Frauen, bei denen das Virus im Brustgewebe nachgewiesen wurde, hatten ein dreifach höheres Risiko für Brustkrebs als Frauen, bei denen das Virus nicht nachgewiesen wurde (Buehring et al., 2015). Damit übertrifft das Virus andere häufig nachgewiesene Risikofaktoren für Brustkrebs wie z. B. Fettleibigkeit oder Alkoholkonsum. Das BLV-Virus kommt nicht nur in Rindfleisch, sondern insbesondere auch in Kuhmilch vor. Vor allem bei großen Kuhherden kann durch die Vermischung der Milch in den großen Milchtanks die Durchseuchung bei bis zu 100 % liegen (USDA, 2008).

Noch nicht im Focus, aber so naheliegend: Viren fördern Prostatakrebs?

Krankheitserreger kommen häufig über den Harnweg in die Prostata, jedoch lässt die anatomische Nähe zum Mastdarm auch an eine Einwanderung von Darmbakterien denken, insbesondere beim Vorliegen von Schleimhautschäden. Durch die direkte nachbarschaftliche Lage der vergrößerten Prostata zum Dickdarm können auch krebserregende Substanzen, z. B. PAKs aus gegrilltem Fleisch (Knize und Felton, 2005), aus dem Rektum in die Prostata gelangen und die Entstehung eines Tumors zusätzlich fördern. Gegrilltes Fleisch ist jedoch nicht nur außen krebserregend, sondern zudem innen häufig noch rot und ungar. Wie zur Hausen (2012), Chef des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg, wohl richtig vermutet, können infektiöse Faktoren aus diesem nicht durchgekochten, roten Fleisch das Risiko für Dickdarmkrebs zusätzlich stark erhöhen. Konkret vermutet zur Hausen onkogene Viren, die den Dickdarm infizieren. Der Weg vom Darm zur Prostata ist nicht weit.

Buchtipp: Prostatakrebs-Kompass

„Prostatakrebs-Kompass – Prävention und komplementäre Therapie mit der richtigen Ernährungs- und Lebensweise“ von Dr. med. L.M. Jacob. 1. Auflage, gebundene Ausgabe: 352 Seiten, fast 1000 zitierte Studien, inklusive Dr. Jacobs Ernährungsplan, 19,90 Euro. Auch als E-Book erhältlich.

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Mehr Informationen unter: https://www.drjacobsweg.eu/dr-jacobs-weg-buch/

Literatur

  • Buehring GC, Shen HM, Jensen HM, Jin DL, Hudes M, Block G (2015): Exposure to Bovine Leukemia Virus Is Associated with Breast Cancer: A Case-Control Study. PLoS One; 10(9): e0134304.
  • Knize MG, Felton JS (2005): Formation and human risk of carcinogenic heterocyclic amines formed from natural precursors in meat. Nutr Rev; 63(5): 158-165.
  • Peretti A, FitzGerald PC, Bliskovsky V, Buck CB, Pastrana DV (2015): Hamburger polyomaviruses. J Gen Virol; 96(Pt 4): 833-9.
  • USDA (United States Department of Agriculture) (2008): Bovine Leukosis Virus (BLV) on U.S. Dairy Operations, 2007. URL: https://www.aphis.usda.gov/animal_health/nahms/dairy/downloads/dairy07/Dairy07_is_BLV.pdf (26.11.2015).
  • zur Hausen H (2012): Red meat consumption and cancer: reasons to suspect involvement of bovine infectious factors in colorecta

2 Antworten

  1. Sehr geehrter Herr Niederer,
    sie haben selbstverständlich Recht: Die Beschränkung der Sichtweise auf Krankheitserreger als Krebsursache greift zu kurz. Sie sind nur ein Bestandteil des komplexen Geschehens. In seinem Buch „Prostatakrebs-Kompass“ beschreibt Dr. Jacob ausführlich die Bedeutung der Krebsnische, also des Zustands des Gewebes, für die Krebsentstehung und -entwicklung. Dieser Beitrag soll lediglich zeigen, dass Viren eine Rolle bei der Krebsentstehung spielen können und bei der Krebsprävention daher auch von Bedeutung sind.

  2. Die Fokusierung auf Krankheitserreger – hier Viren – als Ursache für den Ausbruch einer Krankheit greift zu kurz, da der physiologische Zustand des Gewebes, auf dem sich diese Viren halten und vermehren können, völlig ausser Acht gelassen wird. Wenn zum Beispiel bei Frauen mit Brustkrebs 3x mehr bestimmte „krebserregende“ Viren festgestellt werden, kann das einfach bedeuten, dass das schwache Immunsystem dieser Frauen diese Viren nicht in Schach halten resp. unschädlich machen kann. Die Viren ursprünglich für die Krebs-Entstehung verantwortlich zu machen, ist daher ein Trugschluss. Die Forschung müsste viel stärker darauf ausgerichtet werden, welche Faktoren ein Immunsystem schädigen und nicht darauf, welche Viren und Bakterien welche Folgen haben bei massenhaftem Auftreten. Diese Viren- und Bakterienhysterie ist ein Irrweg.

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2 Antworten

  1. Sehr geehrter Herr Niederer,
    sie haben selbstverständlich Recht: Die Beschränkung der Sichtweise auf Krankheitserreger als Krebsursache greift zu kurz. Sie sind nur ein Bestandteil des komplexen Geschehens. In seinem Buch „Prostatakrebs-Kompass“ beschreibt Dr. Jacob ausführlich die Bedeutung der Krebsnische, also des Zustands des Gewebes, für die Krebsentstehung und -entwicklung. Dieser Beitrag soll lediglich zeigen, dass Viren eine Rolle bei der Krebsentstehung spielen können und bei der Krebsprävention daher auch von Bedeutung sind.

  2. Die Fokusierung auf Krankheitserreger – hier Viren – als Ursache für den Ausbruch einer Krankheit greift zu kurz, da der physiologische Zustand des Gewebes, auf dem sich diese Viren halten und vermehren können, völlig ausser Acht gelassen wird. Wenn zum Beispiel bei Frauen mit Brustkrebs 3x mehr bestimmte „krebserregende“ Viren festgestellt werden, kann das einfach bedeuten, dass das schwache Immunsystem dieser Frauen diese Viren nicht in Schach halten resp. unschädlich machen kann. Die Viren ursprünglich für die Krebs-Entstehung verantwortlich zu machen, ist daher ein Trugschluss. Die Forschung müsste viel stärker darauf ausgerichtet werden, welche Faktoren ein Immunsystem schädigen und nicht darauf, welche Viren und Bakterien welche Folgen haben bei massenhaftem Auftreten. Diese Viren- und Bakterienhysterie ist ein Irrweg.

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